Glaubt man dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sowie der Unternehmensberatung Deloitte, ist das Potenzial der Kreislaufwirtschaft für Deutschland sehr groß. Durch eine konsequente Umsetzung könnte die Bruttowertschöpfung pro Jahr bis 2030 um ca. 12 Milliarden Euro erhöht werden. Damit verbunden wäre ein Plus von 177.000 Arbeitsplätzen sowie mehrere Millionen Tonnen CO2-Emissionen, die eingespart werden könnten.


Weniger Rohstoffe, weniger CO2

Eine zirkuläre Wirtschaft würde laut der Untersuchung durch den BDI und Deloitte zudem die Importabhängigkeit der deutschen Wirtschaft bei wichtigen Rohstoffen deutlich senken. Bei Rohstoffen wie Glas, Aluminium und Blei würde diese Abhängigkeit um etwa 20 Prozentpunkte sinken, bei Holz, Papier, Baustoffen und Kunststoffen wären sogar Reduzierungen um bis zu 50 Prozent möglich.


Hinzu kämen beträchtliche positive Umwelteffekte, die durch die Rohstoffeinsparungen verursacht werden würden. Durch die höhere Wiederverwendung sekundärer Ressourcen würden auch der primäre Ressourcenverbrauch und die damit verbundenen Importe verringert werden, so die Autoren. Je nach Rohstoffgruppe nähme der Ressourcenverbrauch um eine Million Tonnen (im Falle von Holz) bis 8,7 Millionen Tonnen (bei Metallerzen) ab. Dies resultiere in der Regel auch in weniger CO2-Emissionen, die etwa durch den Abbau oder den Transport der Rostoffe entstehen. Das Paper geht von einer Nettoeinsparung von 5,5 Millionen Tonnen CO2 bei konsequenter Umsetzung einer Kreislaufwirtwschaft aus.

Apple: Kreislaufsystem auf hohem Niveau

Als gutes Beispiel für die Einrichtung einer Kreislaufwirtschaft im Bereich industrieller Verbraucherprodukte nennen die Autoren das Unternehmen Apple. Dieses stelle auf dem Weg zur Klimaneutralität seine Produkte mehr und mehr aus Sekundärmaterialien her. Im Falle des iPhone 12 stammen 99 Prozent des verarbeiteten Wolframs sowie 98 Prozent der verwendeten seltenen Erden aus recycelten Materialien. 35 Prozent der verwendeten Kunststoffe kommen zudem aus Sekundärmaterialien.

Auch in der Auslieferkette spielt Recycling bei Apple eine große Rolle: 93 Prozent der Verpackungsmaterialien bestünden aus Faserstoffen, wovon 73 Prozent Sekundärmaterialien seien. Lobend erwähnen die Autoren außerdem Apples „Trade In“-Programm, bei dem Kunden beim Kauf eines neuen Produktes alte Apple-Produkte in Zahlung geben können. Mithilfe von Demontagerobotern gewinnt Apple dabei beim Recycling seltene Erden und Wolfram zurück, um sie wieder in den Produktionsprozess bringen zu können.

Audi: Aluminium im Kreislauf

Auch der Autohersteller Audi wird von den Autoren erwähnt. Dieser hat 2017 den sogenannten „Aluminium Closed Loop“ auf den Weg gebracht, ein Konzept, bei dem das Unternehmen den Werkstoff Alumiunium in einen Recyclingkreislauf führt. Dabei können anfallende Materialaussonderungen sortenrein an die Zulieferer zurückgegeben werden, sodass sekundäres Aluminium produziert werden kann. Dies senke die CO2-Emissionen sowie den Energieaufwand erheblich. Dieser Aluminiumkreislauf sei bisher in sieben Baureihen implementiert werden.

Besseres Recycling bedingt beim Produktdesign

Vor allem bei Baumaterialien und Kunststoffen sieht Deloitte ein großes Potenzial für Kreislaufverfahren. Durch technische Fortschritte sei auch im Bereich Kunststoffrecycling, das speziell bei Verbundmaterialien eine besondere Herausforderung sei, inzwischen immer mehr möglich. Diese Effekte verstärken sich noch, wenn bereits beim Produktdesign vermehrt auf die späteren Möglichkeiten zum Recycling geachtet werde.

Deloitte-Manager Thomas Schiller schlägt etwa Produktpässe vor, die die verwendeten Materialien enthalten. Außerdem können datenbasierte Ansätze in Sortieranlagen die Recycling-Möglichkeiten drastisch verbessern. Aber auch dabei sei es nötig, im Idealfall bereits beim Entwurf eines Autos zu überlegen, wie es sich realisieren lässt, das die Materialien am Ende so sortenrein wie möglich wiederverwendet werden können.

Mehr als nur Recycling

Besonderes Augenmerk werfen die Autoren außerdem auf Batterien. Diese sollten gut auseinander- und herausnehmbar sein. Denn in Akkus stecken zahlreiche kritische Rohstoffe, die sonst importiert werden müssen. BMW habe dafür etwa extra ein eigenständiges Team eingerichtet, das den Einsatz von Primärmaterialien im gesamten Lebenszyklus eines Akkus reduzieren soll.

Eine konsequente Kreislaufwirtschaft ist auch ein Bereich, in dem Startups besonders viel beitragen können. Das Unternehmen Traceless etwa produziert verträglicheres Plastik, während Made of Air Biomasse für seine Produkte nutzt. Bei Kreislaufwirtschaft gehe es um viel mehr als um Recycling, so BDI-Geschäftsführer Holger Lösch. Die Transformation hin zu einer zirkulären Wirtschaft könne aber „nur über Technologien passieren, nicht über Verzicht“.

via BDI

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