Wenn aktuell von der Energiewende die Rede ist, geht es zumeist um die Art und Weise der Stromerzeugung. Statt Kohle- und Gaskraftwerken sollen hier zukünftig Wind- und Solaranlagen zum Einsatz kommen. Übersehen wird aber die Tatsache, dass rund die Hälfte der Energie als Wärme verloren geht. Beheizt werden müssen nämlich nicht nur Wohnungen und Häuser, sondern es wird auch für zahlreiche industrielle Prozesse Hitze benötigt. Gerade in Mitteleuropa könnte hier die Umstellung der Stromproduktion zum Problem werden. Denn bisher wird hier oft die ohnehin anfallende Abwärme von fossilen Kraftwerken genutzt. Werden Kohle- und Gasmeiler allerdings abgeschaltet, fällt diese Wärmequelle weg. So will die Stadt Wien aus Klimaschutzgründen spätestens im Jahr 2040 die letzte Gastherme vom Netz nehmen. Dann aber müssten die knapp zwei Millionen Einwohner auf andere Art und Weise mit Wärme versorgt werden.


Über den Dächern der österreichischen Hauptstadt sollen zukünftig das Internetsignal verteilt werden. Foto: Bgabel at wikivoyage [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Das Wasser in 3.000 Metern Tiefe ist mehr als einhundert Grad heiß

Hier könnte der Stadt nun ein Zufallsfund aus den 1970er Jahren helfen. Damals bohrte die Firma OMV in der Nähe von Wien nach Öl. Heute befindet sich dort die Seestadt Aspern. Die Bohrung war allerdings nicht erfolgreich. Denn es gelangte kein Öl an die Oberfläche, sondern heißes Wasser. Damals konnten die beteiligten Ingenieure damit nicht viel anfangen und zogen einfach weiter. Rund vierzig Jahre später geriet das Heißwasservorkommen dann erneut in den Fokus. Unter dem Namen Projekt Geotief wird seit dem Jahr 2016 untersucht, wie viel warmes Wasser sich tatsächlich unterhalb der österreichischen Hauptstadt befindet. Nun wurde ein erstes 3D-Modell präsentiert. Demnach befindet sich das mehr als einhundert Grad heiße Wasser in einer Tiefe von rund 3.000 Metern. Das Vorkommen erstreckt sich zudem über mehrere Quadratkilometer. Das Fazit der Untersuchung fällt damit eindeutig aus: Gezielte Bohrungen könnten tausende Wiener mit klimafreundlicher Wärme versorgen.

Die Anlage kommt ohne externe Brennstoffe aus

Konkret beziffern die Experten das Potenzial eines dort errichteten Geothermie-Kraftwerks auf rund 120 Megawatt. Damit würde das heiße Wasser aus dem Untergrund in etwa doppelt so viel Wärme in das Netz einspeisen wie ein konventionelles Heizkraftwerk. Nötig dafür sind zwei gezielte Bohrungen. Zunächst wird dabei heißes Wasser aus dem Untergrund nach oben gefördert. Dort wird dem Wasser die Wärme entzogen, um diese in das Fernwärmenetz einzuspeisen. Rund zwei Kilometer entfernt wird eine zweite Bohrung in die Tiefe getrieben. Über diese wird kaltes Wasser wieder in den Untergrund geleitet. Wurde ein solches Kraftwerk erst einmal errichtet, lässt es sich vergleichsweise einfach betreiben. Denn anders als bei Kohle- oder Gaskraftwerken muss kein Brennstoff herangeschafft werden. Stattdessen entsteht eine Art Kreislauf, der immer aufs neue Wärme an die Oberfläche befördert. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass ein solches Geothermie-Kraftwerk in Wien bis zu 125.000 Haushalte mit Wärme versorgen könnte.


Via: Der Standard

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