Ulmer Forscher bekämpfen „böse“ Bakterien mit „guten“. Es könnte sein, dass das Ergebnis ihrer Arbeit Krankheitserreger, möglicherweise auch solche, die gegen viele Antibiotika resistent sind, unschädlich macht. Professor Christian Riedel vom Institut für Mikrobiologie und Biotechnologie und seinem Team ist es gelungen, mit Hilfe gentechnisch veränderter Bodenbakterien (Corynebacterium glutamicum) antimikrobielle Wirkstoffe in Reinform herzustellen. Die so genannten Bacteriocine könnten als Antibiotika-Alternative zur Bekämpfung bakterieller Krankheitserreger und bei der Konservierung von Lebensmitteln eingesetzt werden. 


Bild: Christian Riedel / Uni Ulm

Bacteriocine verscheuchen fremde Bakterien

Bakterienstämme sind gerne unter sich. Um sich unliebsame Nahrungskonkurrenten vom Leib zu halten, produzieren sie antimikrobielle Substanzen, die verhindern sollen, dass sich andere Bakterienstämme in ihrer Umgebung ausbreiten. Das gelingt ihnen mit Bacteriocinen, die sich auch in Fermentern mit natürlichen Bakterien züchten lassen. Doch das Produkt besteht bestenfalls zu 50 Prozent aus dem gewünschten Wirkstoff, sodass eine aufwändige und kostenträchtige Aufreinigung nötig ist.

Teurer Reinigungsprozess entfällt


Riedel und seinem Team, zu dem neben Forscher der Universität Ulm Kollegen aus Norwegen, Dänemark und Österreich gehören, ist es jetzt gelungen, das Bakterium Corynebacterium glutamicum gentechnisch so zu verändern, dass es ein hochwirksames antimikrobielles Peptid (Pediocin PA-1) in Reinform herstellt. Das als Produktionswirt eingesetzte Bakterium ist ein nicht-pathogenes Bodenbakterium, das seit langem als natürlicher Produzent von Aminosäuren – beispielsweise des Geschmacksverstärkers Glutamat – eingesetzt wird.

Die Forscher haben das Bakterium mit synthetischen, zielgenau funktionalisierten Genen ausgestattet, die die Produktion des Bacteriocins bewerkstelligen. Pediocin PA-1 wirkt besonders gut gegen Listeria monocytogenes. Wenn sie über kontaminierte Nahrungsmittel wie Rohkäse aufgenommen werden, können sie die gefährliche, mitunter sogar tödlich verlaufende Listeriose auslösen. Diese grippeähnliche Infektion äußert sich in Symptomen wie Fieber, Muskelschmerzen, Erbrechen und Durchfall.

Bakterien sind immun gegen selbst produziertes Gift

Die größte Herausforderung, vor der die Forscher standen, lautete: Wie bringt man Bakterien dazu, antimikrobielle Substanzen zu produzieren, die für den Produzenten potenziell toxisch sind? Das Team um Riedel hat sich hier eine biologische Besonderheit des Bodenbakteriums zunutze gemacht. „Corynebacterium glutamicum hat keine Rezeptoren, an denen das von ihm selbst produzierten Bacteriocin andocken kann. Es ist daher resistent gegen dessen antibakterielle Wirkung. Ein Glücksfall für uns“, freut sich Oliver Goldbeck, Riedels mittlerweile promovierter Doktorand.

 

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