Nayib Bukele gehört mit seinen vierzig Jahren zu den vergleichsweise jungen Staatschefs weltweit. Dies bringt er auch mit seinem Kleidungsstil zum Ausdruck. So ist eines seiner Markenzeichen eine verkehrt herum auf dem Kopf sitzende Baseballkappe. Davon täuschen lassen sollte man sich allerdings nicht. Denn Bukele ist keineswegs so harmlos wie es auf den ersten Blick scheint. Im Gegenteil: Menschenrechtler werfen ihm einen immer autoritäreren Führungsstil vor, der Kritiker einschüchtert, drangsaliert und mit dem Missbrauch der Staatsmacht bedroht. International geriet El Salvador und sein Regierungschef zuletzt aber wegen etwas ganz anderem in die Schlagzeilen: Das Land ließ als erster Staat weltweit den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel zu. Seitdem müssen alle Geschäfte, die dazu technisch in der Lage sind, die Cryptowährung akzeptieren. Auch ihre Steuern können die Bürger des Landes digital bezahlen. Dies feierte Bukele nun im Rahmen einer sogenannten Bitcoin Week und verkündete gleich das nächste Projekt.


In der Bitcon City existiert nur eine einzige Steuer

So soll am Fuße des Conchagua-Vulkans im Osten des Landes eine sogenannte Bitcoin City entstehen. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus gigantischer Bitcoin-Farm und Freihandelszone. So sollen dort zum einen Geothermie-Kraftwerke die Energie der Vulkane anzapfen und damit nach Bitcoins schürfen. Gleichzeitig werden aber auch internationale Investoren mit gewaltigen Steuervorteilen angelockt. Konkret soll es in der Stadt lediglich eine Mehrwertsteuer geben. Diese wiederum wird zur Hälfte für die Finanzierung von öffentlichen Dienstleistungen genutzt. Die andere Hälfte wiederum soll genutzt werden, um die für den Bau der Stadt ausgegebenen Anleihen zu bedienen. Auch hierbei handelt es sich um eine Besonderheit. Denn die ausgegebenen Anleihen sollen durch Bitcoin gedeckt werden. Insgesamt kalkuliert die Regierung mit Baukosten in Höhe von 300.000 Bitcoin. Dies entspricht aktuell einem Gegenwert von rund 16 Milliarden Euro. Eine durchaus beachtliche Summe, wenn man bedenkt, dass El Salvadors gesamte Staatseinnahmen sich bisher auf weniger als fünf Milliarden Euro jährlich belaufen.


Siebzig Prozent der Bevölkerung nutzen ausschließlich Bargeld

Die Bitcoin-Offensive der Präsidenten wird daher von vielen Experten auch kritisch beäugt. Denn El Salvador leidet vor allem unter einer starken wirtschaftlichen Ungleichheit. So gibt es eine kleine Gruppe von sehr reichen Oligarchen, während auf der anderen Seite rund zwanzig Prozent der Bevölkerung in absoluter Armut leben. Viele der normalen Einwohner dürften zudem von den Vorteilen der digitalen Währung nicht wirklich profitieren. So besitzen rund siebzig Prozent der Bevölkerung nicht einmal ein eigenes Bankkonto und setzen ausschließlich auf Bargeld. Die wirtschaftliche Spaltung der Gesellschaft dürfte sich somit durch die Bitcoin-Projekte eher vergrößern als verkleinern. Zumal zunächst gewaltige Summen investiert werden müssen, die an anderer Stelle durchaus dringend benötigt würden. Fraglich ist zudem, wie anziehend die Planstadt tatsächlich auf internationale Investoren wirkt. Denn diese suchen nicht nur niedrige Steuern, sondern auch eine gut ausgebaute Infrastruktur und eine funktionierende staatliche Verwaltung.

Bisher wird der US-Dollar als Währung genutzt

Das von Bukele immer wieder als Vorbild erwähnte Singapur kann all dies bieten. Ob es ausgerechnet in El Salvador gelingen kann, diese Standortvorteile zu kopieren, darf zumindest bezweifelt werden. Der Präsident selbst scheut jedenfalls keine historischen Vergleiche, um sich und sein Projekt in das richtige Licht zu rücken. So sprach er unter anderem von einem „modernen Alexandria“. Er selbst stünde somit in der Tradition von Alexander dem Großen, der in der Antike unzählige Städte gründete. Kritiker, die Bukele ohnehin einen Hang zum Größenwahn vorwerfen, dürften solche Sätze eher nicht beruhigen. Grundsätzlich ist der Wunsch nach einer neuen Währung in El Salvador aber verständlich. Denn das Land setzt seit dem Jahr 2001 auf den US-Dollar als Zahlungsmittel. Damit aber ist man auch von der Geldpolitik der US-Regierung abhängig. Ob hier aber ausgerechnet der starken Schwankungen unterworfene Bitcoin eine gute Alternative darstellt, wird von vielen bezweifelt.

Via: Reuters

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