Für Umweltpuristen ist der so genannte blaue Wasserstoff kaum weniger umweltschädlich als das Erdgas, aus dem er gewonnen wird. Falsch, sagt ein Team von internationalen Wissenschaftlern des Paul Scherrer Instituts (PSI) in Villigen in der Schweiz und der Heriot-Watt-University im schottischen Edinburgh. Blauer Wasser kann durchaus einen Beitrag zur Verlangsamung des Klimawandels leisten. Er entsteht, wenn in einen Reaktor mit heißem Erdgas Dampf eingelassen wird. Dabei entstehen Wasserstoff und das Klimagas Kohlenstoffdioxid. Dieses wird abgetrennt und in tiefe geologische Formationen gepresst, etwa in ausgebeutete Erdgasfelder, eine Praxis, die beispielsweise Norwegen in großem Stil betreibt. Dort fällt CO2 bei der Reinigung von frisch gefördertem Erdgas an.


Grüner Wasserstoff wäre ideal

Wasserstoff gilt als Türöffner für emissionsfreie Mobilität und Wärmeerzeugung. Ideal wäre es, wenn das Gas durch Elektrolyse unter Verwendung von Ökostrom hergestellt würde. Doch dieser grüne Wasserstoff ist noch zu teuer, und außerdem steht Ökostrom vor allem aus Wind, Sonne und Wasser nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung. Deshalb soll er aus Erdgas hergestellt werden.


Skepsis bei Forschern in den USA

Eine im August erschienene Studie von Forschern der US-Universitäten Cornell und Stanford kam allerdings zu dem Ergebnis, dass blauer Wasserstoff zur Wärmeerzeugung trotz Endlagerung des CO2 nicht besser fürs Klima, sondern unterm Strich sogar gut 20 Prozent schlechter sei als Erdgas, wenn man es direkt als Energieträger verwendet. Das liege vor allem daran, dass über die gesamte Lieferkette des Erdgases – von dessen Förderung am Bohrloch über den Transport per Pipeline oder Schiff bis hin zur Wasserstoffherstellung – Gas durch Lecks in die Luft entweicht. Da Erdgas beziehungsweise sein Hauptbestandteil Methan einen rund 30 Mal stärkeren Treibhauseffekt hat als CO2, können schon Leckagen von wenigen Prozent die Klimabilanz des aus ihm gewonnenen Wasserstoffs enorm trüben. 

Es kommt auf das Erdgasförderland an

Christian Bauer vom PSI-Labor für Energiesystem-Analysen und Mijndert van der Spek, Professor am Forschungszentrum für Kohlenstoff-Lösungen in Edinburgh, arbeiteten mit Kollegen der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich zusammen, die über spezielle Modelle verfügen, mit denen sie Prozesse wie die CO2-Abscheidung detailliert simulierten. „Die Ergebnisse haben wir in unsere Ökobilanzmodelle eingespeist“, so Bauer. Das Ergebnis: Ob blauer Wasserstoff dem Klima guttut oder nicht hängt davon ab, wo das Erdgas gefördert wird und wie viel Sorgfalt dabei aufgebracht wird, Lecks zu vermeiden. Wenn es beispielsweise aus Norwegen komme gehe durch Lecks praktisch nichts verloren. Dann sei der blaue Wasserstoff fast so klimafreundlich wie der grüne, so Bauer.

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