Ein neu entwickelter Chip, der Licht statt rein elektrischer Signale nutzt, könnte das Energieproblem der Künstlichen Intelligenz (KI) entscheidend entschärfen. Forscher:innen an der University of Florida haben einen Prototyp vorgestellt, der Faltungsoperationen (Convolutions) — ein zentraler Baustein vieler neuronaler Netze — optisch ausführt und damit in Laborbedingungen Effizienzgewinne von einem Faktor zehn bis hundert gegenüber herkömmlichen elektronischen Chips erzielt. Bild: H. Yang (University of Florida) Photonischer Prozessor verbraucht weniger Strom Bei klassischen Rechenwerken werden Filteroperationen auf elektrischen Signalen durchgeführt, was viel Rechenleistung und damit Energie erfordert. Der photonische Ansatz wandelt Eingabedaten direkt in Licht um, das auf dem Chip durch mikrofabrizierte Fresnel-Linsen geleitet wird. Diese optischen Elemente realisieren die gewünschten mathematischen Transformationen physikalisch, sodass die eigentliche Faltung im Lichtfeld statt in elektronischen Schaltkreisen erfolgt. Anschließend werden die Lichtsignale wieder in digitale Signale zurückgewandelt, um Ergebnisse weiterzuverarbeiten. Ein zusätzliches Effizienzpotenzial entsteht durch spektrale Multiplexierung: Mehrere Wellenlängen können gleichzeitig durch denselben optischen Aufbau geschickt werden und erlauben so parallele Rechenvorgänge. In ersten Experimenten erreichte der Prototyp eine Klassifikationsgenauigkeit für handgeschriebene Ziffern von rund 98 Prozent und liegt damit in der gleichen Größenordnung wie konventionelle elektronische Lösungen. Besonders auffällig sind die berichteten Energie- und Leistungskennzahlen: In bestimmten Szenarien werden Werte im Bereich von mehreren Hundert Billionen Operationen pro Sekunde und Watt genannt sowie sehr hohe Operationendichten pro Quadratzentimeter Chipfläche. Projektleiter Volker J. Sorger beschreibt den Fortschritt so: „Performing a key machine learning computation at near zero energy is a leap forward for future AI systems.“ Seine Kollegin Hangbo Yang ergänzt, dass es das erste Mal sei, dass eine solche optische Berechnung auf einem Chip realisiert und direkt auf ein neuronales Netzwerk angewandt worden sei. Vielversprechende Technologie für künstliche Intelligenz Trotz des Potenzials bleiben praktische Hürden. Der erzielte Energiegewinn darf nicht durch Verluste bei der Umwandlung zwischen elektrischen und optischen Signalen aufgezehrt werden. Fertigungsverfahren, Stabilität gegenüber Temperaturschwankungen und die Integration in bestehende KI-Toolchains müssen noch verbessert werden. Außerdem konzentrieren sich bisherige Prototypen auf vergleichsweise einfache Netzarchitekturen; die Übertragung des Prinzips auf große Transformer-Modelle oder andere komplexe Architekturen erfordert flexible photonische Designs und zusätzliche softwareseitige Anpassungen wie Kompressionsverfahren oder sparsitätsbasierte Strategien. Parallel zur akademischen Forschung entwickelt die Industrie photonische Beschleuniger weiter, und verschiedene Konzepte zielen darauf ab, die Lücke zwischen Laborergebnissen und breiter Anwendung zu schließen. Sollte es gelingen, Material-, Fertigungs- und Integrationsprobleme zu bewältigen, könnte photonische Verarbeitung den Energiebedarf großer KI-Modelle deutlich senken. Bis dahin bleibt der fotonische KI-Chip ein vielversprechender, aber noch experimenteller Weg, dessen tatsächlicher Einfluss auf die Skalierung von KI-Systemen erst in den kommenden Jahren zu beurteilen sein wird. via New Atlas Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter