Grundsätzlich ist die Funktionsweise von Geothermie-Kraftwerken schnell erklärt. Heißes Wasser wird aus der Tiefe an die Oberfläche gepumpt. Die Hitze wird dann genutzt, um eine Turbine anzutreiben, die wiederum mit einem Generator verbunden ist. Theoretisch lassen sich auf diese Weise durchaus große Mengen an sauberem Strom gewinnen. Zahlreiche Länder weltweit – etwa die USA, die Türkei und Italien – setzen im Rahmen der Energiewende im großen Stil auf solche Kraftwerke. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kündigte kürzlich an, diese Form der Energiegewinnung massiv ausbauen zu wollen. Nicht zuletzt weil er so unter Umständen auf den Bau von Windrädern verzichten kann, die bei Anwohnern oftmals stark umstritten sind. Eine Untersuchung türkischer Wissenschaftler verweist nun aber auf einen entscheidenden Unterschied zwischen Theorie und Praxis: Die vermeintlich grünen Geothermie-Kraftwerke verursachen teilweise sogar mehr Klimaemissionen als Kohlekraftwerke.


Isländisches Geothermie-Kraftwerk. Bild: Gretar Ívarsson / Gemeinfrei

Die unter Druck gebundenen chemischen Verbindungen werden freigesetzt

Der Hintergrund: Die Pumpen holen nicht nur das heiße Wasser aus der Erde, sondern auch noch unerwünschte Beiprodukte. Wenn beispielsweise das Wasser genutzt wird, um direkt eine Turbine anzutreiben, werden zahlreiche zuvor unter Druck gebundene chemischen Verbindungen freigesetzt. Darunter ist auch das bekannte Klimagas CO2. Vergleichbar ist der Effekt mit dem Öffnen einer zuvor geschüttelten Mineralwasserflasche. Bei vielen Geothermie-Kraftwerken entweicht das so freigesetzte Gas ungehindert in die Atmosphäre und befeuert so den Klimawandel. Verkompliziert wird die Sache zudem durch die Tatsache, dass die Klimabilanz auch noch abhängig vom Gestein in der Tiefe ist. Je mehr Kohlenstoffeinlagerungen es dort gibt, desto mehr CO2 wird später freigesetzt. In Island etwa ist der Effekt gleichweise gering, während die ungewollten Emissionen in der Türkei und Italien als besonders hoch gelten. Die individuelle Klimabilanz der Kraftwerke kann daher sehr unterschiedlich sein.

Die klimafreundlichere Lösung ist auch die teurere Variante

Allerdings gilt die eben geschilderte Problematik nur für Geothermie-Kraftwerke, die mit einem offenen Kreislauf arbeiten. Rein technisch ist es aber auch möglich, das Wasser in einem geschlossenen Kreislauf zu halten. Dadurch bleibt es stets unter Druck und es lösen sich keine chemischen Verbindungen. Mit dem heißen Wasser wird dann allerdings nicht direkt die Turbine angetrieben. Stattdessen kommt ein Wärmetauscher zum Einsatz, mit dem eine Kohlenwasserstoffverbindung erhitzt wird, die dann wiederum die Turbine antreibt. Das CO2 verbleibt so in dem Kreislauf und kann anschließend zusammen mit dem Wasser wieder in der Erde verpresst werden. Die meisten in Deutschland betriebenen Anlagen setzen bereits auf diese Technik und erzeugen so auch tatsächlich grünen Strom. Einen nicht ganz unwichtigen Nachteil haben diese geschlossenen Kreisläufe allerdings: Sie sind deutlich teurer als die offenen Alternativen. Aus Sicht des Klimas sind sie aber eigentlich alternativlos.


Via: Wiwo

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