Es klingt zunächst einmal nach einem extrem ambitionierten Ansatz: Forscher der Indiana University wollen Gewebe im Körper von noch lebenden Menschen mit neuen Aufgaben versehen. Denkbar wäre beispielsweise aus Hautgewebe entweder Nervenzellen oder Blutgefäße entstehen zu lassen. Letzteres könnte etwa bei schweren Unfällen sinnvoll sein. So müssen teilweise Gliedmaßen amputiert werden, weil sie aufgrund von zerquetschten Blutbahnen nicht mehr richtig versorgt werden können. Zukünftig könnte dort dann Hautgewebe umgewandelt werden, sodass die Versorgung wieder möglich wird. Im Labor der Forscher hat dieser Trick sogar schon funktioniert – wenn auch nur bei einer Maus. Die bisher durchgeführten Versuche waren so erfolgreich, dass die beteiligten Wissenschaftler davon ausgehen, dass der von ihnen entwickelte Nano-Chip tatsächlich menschliches Gewebe umprogrammieren kann. Ein entsprechender Fachaufsatz wurde in der Zeitschrift Nature Protocols publiziert.


Bild: Indiana University School of Medicine

Harmlose elektrische Funken übertragen die benötigten Gene

Der neu entwickelte Nano-Chip bringt zudem den Vorteil mit sich, dass er non-invasiv eingesetzt werden kann. Es sind also keine größeren Operationen notwendig, um das Gewebe neu zu programmieren. Stattdessen werden die für die Informationsübermittlung benötigten Gene mithilfe von gesundheitlich unbedenklichen elektrischen Funken übertragen. Bisher arbeiteten die Forscher bei ihren Versuchen stets mit Prototypen, die kontinuierlich weiter entwickelt wurden. Nun wird an einem standardisierten Verfahren für die Produktion von größeren Stückzahlen gearbeitet. So soll sichergestellt werden, dass alle Nano-Chips ihre Aufgabe wie vorgesehen erfüllen. Die Wissenschaftler haben zudem angekündigt, alle relevanten Informationen zu veröffentlichten. Fachleute können den Chip dann innerhalb weniger Tage nachbauen. Auf diese Weise soll eine möglichst große Verbreitung befördert werden. Letztlich könnte die Neuentwicklung so schon recht schnell auch global zum Einsatz kommen.

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Selbst Gehirnschäden könnten so repariert werden

Voraussetzung dafür ist aber zunächst die offizielle Zulassung durch die Food and Drug Administration in den Vereinigten Staaten. Diese prüft aktuell die eingereichten Unterlagen. Geben die Beamten anschließend ihre Zustimmung, könnte dann zeitnah mit klinischen Studien bei menschlichen Probanden begonnen werden. Denn der neuartige Nano-Chip hilft nicht nur bei akuten Verletzungen in Folge von Unfällen. Vielmehr hoffen die Forscher auf diese Weise etwa auch Nervenschäden in Folge von Diabetes-Erkrankungen heilen zu können. Auch durch einen Schlaganfall entstandene Hirnschäden könnten so repariert werden. Die Einsatzmöglichkeiten sind grundsätzlich also extrem vielfältig. Allerdings sind Zulassungsverfahren für neuartige medizinische Therapien oftmals sehr langwierig und mit einigen Unsicherheiten behaftet. Auf der anderen Seite ergeben sich aus wichtigen Durchbrüchen in der Grundlagenforschung oftmals im Laufe der Zeit noch zahlreiche weitere Anwendungsmöglichkeiten.

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