Dass zu viel Zucker ungesund ist, ist keine ganz neue Erkenntnis. Experten beispielsweise raten dazu, maximal 50 Gramm pro Tag zu sich zu nehmen. Tatsächlich liegt der Wert in Deutschland aber bei 70 Gramm pro Tag und Person. Auch zahlreiche Kinder sind von dieser speziellen Form der Fehlernährung betroffen. Welche Auswirkungen dies auf die Entwicklung ganzer Generationen haben kann, zeigt nun eine innovative Studie der Ökonomen Paul Gertler und Tadeja Gracner. Interessanterweise begannen diese ihre Untersuchung mit einem Blick ins Geschichtsbuch. Dort ist zu lesen, dass Großbritannien bis in die Mitte der 1950er Jahre die Abgabe von Zucker streng rationierte. Dies geschah allerdings nicht aus Gründen des Gesundheitsschutzes, sondern weil es eine entsprechende Mangellage gab. Interessanterweise führte diese Rationierung aber dazu, dass der von Experten empfohlene Wert von 50 Gramm pro Tag und Person eingehalten wurde. Nach dem Fall der Rationierungsvorgaben stieg der Zuckerkonsum dann stark an.


Die Wahrscheinlichkeit von Diabetes ist stark gestiegen

Die Forscher entwarfen nun ein Design, bei dem sie sich zwei Gruppen genauer anschauten. Einmal Personen, die zwischen 1950 und 1953 geboren wurden und dementsprechend in ihren frühen Jahren weniger Zucker zu sich nehmen konnten. Demgegenüber gestellt wurden Menschen, die in den Jahren zwischen 1955 und 1960 auf die Welt kamen – und somit im Schnitt schon im Kindesalter mehr Zucker konsumierten. Bei beiden Gruppen schauten die Forscher sich dann an, wie die gesundheitliche Lage im Alter von 50 bis 65 Jahren aussah. Möglich war dies, weil in Großbritannien in den Jahren 2002 bis 2018 alle zwei Jahre entsprechende Daten erhoben wurden. Diese sind zwar anonymisiert, erlauben aber gleichwohl Aussagen über ganze Generationen hinweg. Das Ergebnis der Untersuchung: Die nach der Aufhebung der Rationierung geborenen Jahrgänge waren im Alter deutlich kränker als ihre Vorgänger. So war die Zahl der Diabetiker in dieser Gruppe rund eineinhalb mal so hoch wie in der Vergleichsgruppe. Ebenso stellten die Forscher fest, dass Entzündungsmarker im Blut, erhöhte Blutfettwerte und Gelenkentzündungen signifikant öfter auftraten.


In jungen Jahren bilden sich die Geschmacksvorlieben heraus

Diese Unterschiede entstanden wohlgemerkt, obwohl die erzwungenen Unterschiede nur in den ersten Lebensjahren auftraten. Denn nach der aufgehobenen Rationierung konnten beide Gruppen so viel Zucker konsumieren wie sie wollten. Tatsächlich wiesen schon in der Vergangenheit immer mehr Studien darauf hin, dass überhöhter Zuckerkonsum in frühen Jahren das Risiko für typische Krankheiten erhöht. Dies konnte nun gewissermaßen durch reale Daten belegt werden. Außerdem entwickelt sich in den frühen Jahren der Geschmack. Wer also hier schon viel Zucker zu sich nimmt, wird dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im weiteren Verlauf seines Lebens tun. Darauf deuten auch die nun ausgewerteten Daten aus Großbritannien hin. Die Forscher stellten zudem fest, dass auch der schulische und berufliche Erfolg der zweiten Gruppe deutlich niedriger ausfiel. Hier allerdings ist eine gewisse Vorsicht geboten, inwiefern dies ausschließlich auf den Zuckerkonsum zurückzuführen ist. Denn entsprechende Unterschiede zwischen Jahrgängen und Generationen lassen sich auch zu anderen Zeitpunkten finden.

Via: Die Zeit

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