Organisiertes Verbrechen, Terrorgruppen und Straßenbanden nutzen häufig die sozialen Netzwerke zur Koordination. Deren Netzwerke zu rekonstruieren und Mitglieder wie Hierarchien zu erkennen, ist eine der schwierigsten polizeilichen Herausforderungen weltweit.


Das könnte sich ändern. Professor Antonio Liotta, Experte für die Analyse von Big Data und komplexen Netzwerken und Dozent für Informationswissenschaften an der Fakultät für Informatik der Freien Universität Bozen in Italien, hat gemeinsam mit Kollegen mehrerer Universitäten* zwei Studien veröffentlicht, in denen die Forscher zeigen, wie kriminellen Netzwerken mit Wissensgraphen das Handwerk gelegt werden könnte. Ein Wissensgraph ist eine Wissensbasis, die ein grafisch strukturiertes Datenmodell oder eine Topologie zur Integration von Daten verwendet.

Verwischt, verdunkelt, verändert

Wer kriminelle Organisationen anhand bestehender Daten analysieren möchte, steht vor dem Dilemma mangelnder Datensätze. Aus offensichtlichen Gründen bestehen keine großen Datenbanken, die den Aufbau krimineller Organisationen strukturiert beschreiben. „Wer zur kriminellen Welt gehört, verwischt, verdunkelt und verändert Daten ganz gezielt“, so Liotta. „Man denke nur an die Kommunikation innerhalb von Banden oder Terrorgruppen. In Abhöraktionen hören die Ermittler oftmals nur die Stimme von Mittelsmännern, nicht aber jene der kriminellen Chefs selbst, weswegen sich die Identifizierung des Anstifters eines Verbrechens äußerst schwierig gestaltet.“


Mit neuronalen Netzwerken vergleichbar

Kriminelle Netzwerke seien vergleichbar mit neuronalen Netzwerken, in denen die Informationen effizient von Knoten (Neuron) zu Knoten weitergeben. In beiden Fällen handelt es sich um Netzwerke des Typus „nicht skaliert“, was selbst bei großen und komplexen Netzwerken kurze Wege erlaubt. Liotta und Kollegen entwickelten Algorithmen, die es ihnen ermöglichen, ein „synthetisches“ kriminelles Netzwerk zu generieren, das an eine Organisation angepasst werden kann, über die sie wenig Informationen haben. „Mit diesen Algorithmen nähern wir uns dem Modell eines neuen, zu entschlüsselnden Netzwerks. In einem zweiten Schritt bestimmen wir die besten operativen Strategien, um Schlüsselpersonen zu enttarnen und den Informationsfluss zwischen den Knoten zu verlangsamen“, erklärt er. Obwohl die Ergebnisse des Einsatzes dieser Algorithmen eine Verfeinerung der Suche nach versteckten Knoten in den Netzwerken ermöglichen, gebe es noch viel zu tun, bis Ordnungskräfte auf der ganzen Welt sie schnell einsetzen könnte.

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