Liberias Hauptstadt Monrovia ist vermutlich nicht der erste Ort an den man beim Thema erfolgreiche Verbrechensbekämpfung denkt. Doch ausgerechnet dort fand in den letzten 10 Jahren ein extrem spannendes Experiment statt. Durchgeführt hat es unter anderem Chris Blattman, der sich an der University of Chicago schon lange mit Fragen der Verbrechensbekämpfung beschäftigt. Bei einem Besuch in Monrovia im Jahr 2009 stieß er auf ein schon seit vielen Jahren laufendes Programm namens „Sustainable Transformation of Youth“. Die Idee: Für kriminelle Aktivitäten besonders anfällige junge Männer sollten gezielt angesprochen und auf die richtige Bahn gelenkt werden. Das Modell setzt hierbei auf zwei Säulen. Zum einen müssen die Teilnehmer für einige Zeit eine speziell angepasste Kognitive Verhaltenstherapie durchlaufen. Hier lernen sie beispielsweise ihre Emotionen zu kontrollieren und das eigene Verhalten zu reflektieren. Anschließend erhielten sie eine Finanzspritze, um sich eine legale Tätigkeit zu suchen.


Bild: Jonathan Harrison UK, CC BY-SA 1.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/1.0>, via Wikimedia Commons

Die Zahl der illegalen Aktivitäten konnte um die Hälfte reduziert werden

In Monrovia traf Blattman immer wieder auf ehemalige Teilnehmer der Programms, die jetzt als Schuhputzer oder an Verkaufsständen arbeiteten. Daraufhin reifte in dem Ökonom der Entschluss, diesen Ansatz einmal genauer wissenschaftlich zu untersuchen. In einem groß angelegten Experiment wurden daher 999 junge Liberianer in vier Gruppen eingeteilt. Die erste erhielt nur das Sozialtraining, die zweite erhielt das Training und anschließend 200 Dollar, die dritte erhielt einfach nur zweihundert Dollar und die vierte fungierte als Kontrollgruppe. Im Anschluss zeigte sich, dass die Verhaltenstherapie tatsächlich zu wirken scheint. Denn diese beiden Gruppen verübten einen Monat nach der Intervention deutlich weniger illegale Aktivitäten als die anderen beiden Gruppen. Nach zehn Jahren ließ sich dann noch eine weitere Unterscheidung treffen. Durch das Geld wurde die Wirkung langfristig stabilisiert. Konkret sanken die Gewalt- und Straftaten bei den Probanden mit Training und Geldsumme um stolze fünfzig Prozent. Bei den Teilnehmern, die nur das Sozialtraining bekamen, lag dieser Wert deutlich niedriger.

Chicago hat bereits ein ähnliches Programm gestartet

Die Autoren der Studien erklären dies mit der Tatsache, dass die erlernten Verhaltensweisen zunächst eingeübt werden müssen. Dies ist aber deutlich leichter, wenn man ein finanzielles Polster hat, bei dem nicht jeder Rückschlag gleich wieder für massive Probleme sorgt. Dieser Lesart zufolge hatten die Teilnehmer schlicht mehr Zeit, um sich eine eigene Existenz aufzubauen und von dem Erlernten zu profitieren. Das Programm in Monrovia ist so erfolgreich, dass es nun auch in den Vereinigten Staaten nachgeahmt wird. Allerdings wurden einige Anpassungen vorgenommen. So erhalten die Probanden dort kein Bargeld, sondern nehmen morgens am Verhaltenstraining teil und nachmittags an verschiedenen beruflichen Aus- und Weiterbildungen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass es in Chicago keinen informellen Arbeitssektor gibt wie in Monrovia. Stattdessen sollen die Probanden in den bereits funktionierenden Arbeitsmarkt integriert werden. Es bleibt abzuwarten, ob sich hier ähnliche Erfolge einstellen wie in Liberia.


Via: Vox

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