Der Klimawandel betrifft uns alle – dieser Gedanke dürfte inzwischen in den meisten Köpfen angekommen sein. Aber eben unterschiedlich stark. So werden junge Generationen zweifellos mehr unter den Tatsachen zu leiden haben, die die Menschheit in den letzten Jahrzehnten geschaffen hat und auch aktuell immer noch schafft als ältere. Ein Forscherteam hat nun erstmals genau aufgeschlüsselt, wie schwer junge Generationen unter den Folgen des Klimawandels leiden werden. Die Ergebnisse verdeutlichen eindrucksvoll, was im Grunde schon länger bekannt ist: Wir hinterlassen jungen Menschen gerade eine Last, an der sie schwer zu tragen haben werden.


An dieser Stelle ein kleiner Disclaimer: Der nachfolgende Text hat eine deutliche Einfärbung durch die persönliche Meinung des Autors. Wer an dieser Stelle eine einfache, nüchterne Berichterstattung erwartet, der möge sich das Weiterlesen sparen.


Der Klimawandel trifft vor allem junge Menschen

Deutschland hat gewählt. Und wer bei der Abgabe seiner Stimme(n) vor allem Wert auf das Thema Klimaschutz gelegt hat, der wird nun mit hoher Wahrscheinlichkeit enttäuscht sein. Denn keiner der beiden großen (ehemaligen) Volksparteien kann man so wirklich abnehmen, dass sie dieses Thema ausreichend ernst nehmen. Das ist vor allem im Hinblick darauf problematisch, als dass im Falle der Bundestagswahl und im Hinblick auf den Klimawandel aufgrund der demografischen Situation in Deutschland vorrangig ältere Menschen über das Schicksal der jüngeren entschieden haben.

Und eben diese jüngeren Menschen sind es, die das Thema Klimawandel in ihrem Leben nachhaltig belasten wird. Das sollte im Grunde soweit jedem klar sein. Hierzulande entschied kürzlich sogar das Bundesverfassungsgericht, dass der Klimaschutz, so wie er aktuell in Deutschland stattfindet, jüngere Menschen unzulässig belastet und ungerechtfertigt benachteiligt. Forscher rund um Wim Thiery von der Freien Universität Brüssel haben nun erstmals versucht aufzuschlüsseln, wie stark diese Belastung der jüngeren Generationen ausfallen wird.

Für ihre Betrachtung werteten die Forscher Daten und Prognosen dazu aus, wie oft sechs Wetterextreme (konkret Waldbrände, Hitzewellen, Missernten, Flusshochwasser, tropische Stürme und Dürren) bei einer Erderwärmung von 1,5 Grad über dem präindustriellen Durchschnitt bzw. bei den aktuell deutlich realistischeren drei Grad auftreten werden.

Dabei betrachteten die Forscher bei ihren Prognosen erstmals konkret das Leben des Einzelnen unter Betrachtung der Frage, wie oft ein in verschiedenen Erdregionen geborenes Kind diese Wetterextreme im Laufe seines Lebens erleben wird. Diese Prognosen stellten die Wissenschaftler dann denen für heute 40- bzw. 60-jährige Menschen gegenüber.

Starke Zunahme von Wetterextremen belastet vor allem junge Menschen

Die Ergebnisse der Forscher sind eindeutig. Wer im Jahr 2020 geboren wurde, wird die Folgen des Klimawandels sehr deutlich zu spüren bekommen. Sollte sich der Klimatrend weiter in Richtung drei Grad entwickeln, werden die zu Beginn des Jahrzehnts geborenen Kinder mit einer erheblichen Mehrbelastung zu kämpfen haben. So könnten diese Kinder im Laufe ihres Lebens etwa 30 Mal eine sogenannte „Jahrhunderthitze“ an ihrem Wohnort miterleben. Dies entspricht etwa dem siebenfachen Wert, auf den ein heute 60-jähriger in seinem Leben kommt.

Bei den anderen Wetterextremen sieht es ganz ähnlich aus. Kinder, die in den letzten Jahren oder heute geboren werden, werden im Laufe ihres Lebens doppelt so viele schwere Waldbrände, zwei bis dreimal so viele Dürren und dreimal mehr Hochwasserkatastrophen erleben als ihre Großeltern. In Europa und Zentralasien sind davon etwa 64 Millionen Kinder betroffen – in Afrika sind es sogar 205 Millionen.

Regionale Unterschiede kommen hinzu

Aber nicht nur alterstechnisch ist die Belastung ungleich verteilt. Es existieren auch wesentliche regionale Unterschiede. So werden die Kinder in Zentralafrika, dem Nahen Osten, Südostasien und Teilen Zentralasiens besonders stark unter der Zunahme von klimabedingten Extremereignissen leiden müssen. „ Der Geburtsjahrgang von 2020 wird in den Ländern dieser Regionen mehr als zehnmal häufiger extreme Hitzewellen erleben als die heute 60-Jährigen, wenn die heutigen Klimaschutzzusagen nicht aufgestockt werden. Ähnliches gilt für die anderen Extremkategorien„, so die Forscher. Das bedeutet auch, dass (wie nicht selten) die reichen Industrieländer Europas und Nordamerikas gemeinsam mit Ländern wie China für das Leid der Menschen in jungen Jahren verantwortlich sind.

Die Arbeit der Forscher betrachtet zudem nur die Häufigkeit von Wetterereignissen, nicht aber ihre Dauer oder Intensität. Mit anderen Worten: Sie dürfte die Folgen des Klimawandels für junge Generationen sogar noch unterschätzen. „Außerdem haben wir nur die Belastung durch lokale Ereignisse betrachtet, obwohl Extremereignisse wie Missernten den Nahrungsmittelpreis regional und sogar global destabilisieren können„, erklärt das Team.

Klimaschutz: Wenn die älteren über die jüngeren bestimmen

Noch eines ist beim Thema Klimaschutz sonnenklar: Was auch immer wir an Maßnahmen ergreifen, wer heute 40 Jahre alt ist, wird die dadurch erreichbaren positiven Auswirkungen kaum noch erleben. Das globale Klima ist ein sehr träges System, dass sich nicht einfach in ein paar Jahren umkrempeln lässt. Mit anderen Worten: Was wir in den letzten Jahrzehnten verbockt haben, können wir nicht einfach mit einem metaphorischen Fingerschnippen wieder in Ordnung bringen.

Allerdings gibt es auch weiterhin eine (wenn auch in Betrachtung der gesellschaftlichen Gesamtstimmung zunehmend weniger) realistische Möglichkeit, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Auch das wird die jungen Generationen nicht von seinen Folgen befreien, es kann diese aber zumindest abmindern. „Wenn wir unsere aktuellen Emissions-Minderungsziele verschärfen, können wie die Exposition der jungen Generation gegenüber extremen Wetterereignissen im globalen Schnitt um 24 Prozent verringern„, so Katja Frieler vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, die an der Studie beteiligt war.

In Europa entspräche das einer Entlastung von 28 Prozent, in Nordamerika wären es etwa 26 Prozent, im Nahen Osten sowie Nordafrika sogar 39 Prozent. „Aber selbst, wenn der Klimawandel auf 1,5 Grad begrenzt wird, werden die heutigen Kinder viermal mehr Wetterextreme erleben – ein Anstieg, der die älteren Generationen selbst dann nicht trifft, wenn die Erwärmung auf 3,5 Grad zusteuert„, so die Forscher.

Die Studie bestätigt damit, dass gerade diejenigen, die im politischen Prozess nicht viel zu sagen haben, besonders deutlich unter den Folgen des Klimawandels leiden werden. Ein besseres Argument für die Herabsetzung des Wahlalters lässt sich eigentlich kaum finden. Denn junge Menschen sind in der Masse der Wahlberechtigten deutlich unterrepräsentiert und müssen mit einem Schicksal leben, das größtenteils von Menschen bestimmt, die die wirklich großen Folgen des Klimawandels nicht mehr erleben werden.

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