Bisher wird im Allgemeinen davon ausgegangen, dass unser Universum durch den Urknall entstanden ist. Dieser würde somit am Anfang aller Entwicklungen stehen. Doch noch immer existieren hier zahlreiche offene Fragen. So ist nicht geklärt, wie sich unser Universum so schnell ausbreiten konnte. Erklärt wird dies normalerweise mit der sogenannten kosmischen Inflation. Vereinfacht ausgedrückt, wird dabei davon ausgegangen, dass es noch während des Urknalls einen Expansionsschub des Universums gab. Theoretisch müsste sich dies aber beispielsweise in der kosmischen Hintergrundstrahlung nachweisen lassen – was bisher nicht gelungen ist. Eine weitere offene Frage ist, weshalb es mehr Antimaterie als Materie gibt. Dies widerspricht eigentlich den Grundsätzen der sogenannten CPT-Symmetrie. Diese besagt, dass für jedes Teilchen ein Gegenstück existiert, das sich in Bezug auf Ladung, Zeit und Parität symmetrisch verhält. Demzufolge müsste es dann aber eben auch gleich viel Materie wie Antimaterie geben.


Bild: Boris Štromar CC BY 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/3.0>, via Wikimedia Commons

Ein zweites Universum könnte die Symmetrie ermöglichen

Forscher am kanadischen Perimeter Institute für Theoretical Physics haben daher ein Modell entwickelt, das solche und ähnliche Fragen lösen könnte. Dafür mussten sie allerdings die Theorie des Urknalls deutlich überarbeiten. Denn dem neuen Modell zufolge ist damals nicht nur ein Universum entstanden, sondern gleich zwei. Nämlich unser heute bekanntes, sowie ein gespiegeltes mit rückwärts laufender Zeit. Wendet man dann die CPT-Symmetrie auf beide Zwillingsuniversen an, könnten die Vorgaben tatsächlich erfüllt werden. Oder konkret: Die Forscher gehen davon aus, dass sich in diesem Paralleluniversum deutlich mehr Materie als Antimaterie befindet. Über beide Universen hinweg betrachtet, wäre die Symmetrie-Vorgabe somit erfüllt. Die bereits erwähnte kosmische Inflation wird in diesem Modell zudem nicht benötigt. Stattdessen lässt sich die schnelle Ausdehnung mithilfe der bei der Spiegelung ablaufenden physikalischen Prozesse erklären. Auch dies macht das Modell so attraktiv.

Ein direkter Nachweis ist bisher nicht möglich

Klar ist aber auch: Bisher handelt es sich nur um theoretische Überlegungen. Der tatsächliche Nachweis, dass ein solches Spiegeluniversum entstanden ist, steht hingegen noch aus. Die beteiligten Forscher haben auch wenig Hoffnung, diesen zeitnah erbringen zu können. Denn ein solches Paralleluniversum wäre extrem weit entfernt und mit den uns heute zur Verfügung stehenden Technologien nicht zu erreichen. Stattdessen suchen die Wissenschaftler nach weiteren Hinweisen, die zumindest auf die Korrektheit ihrer Theorie hindeuten könnten. Dazu wollen sie zunächst einmal ihr Modell noch weiter und detaillierter ausformulieren. Daraus wiederum ließe sich dann ableiten, welche Konsequenzen dies für unser heutiges Universum haben müsste. Anschließend kann geschaut werden, ob die postulierten Folgen tatsächlich nachweisbar sind. Alles in allem dürfte klar sein: Die spannende Idee hat den Forschern auf jeden Fall viel Arbeit in den nächsten Jahren eingebracht.


Via: Arxiv

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