Wenn es um Halbleiter geht, führt derzeit noch kein Weg an Silizium vorbei. In nahezu jedem Transistor und elektronischem Schaltkreis findet man dieses Element als Schalter und Verstärker für den Ladungstransport. Nun ist es Forscher:innen allerdings erstmals gelungen, einen Halbleiterchip herzustellen, der aus Graphen besteht. Damit legten sie den Grundstein für eine kohlenstoffbasierte, schnellere Elektronik. Erste Tests ergaben, dass Ladungen im Graphen-Halbleiter etwa doppelt so schnell unterwegs sind wie in einem aus Silizium. Als zusätzlicher positiver Nebeneffekt entsteht weniger Wärme.


Bild: Jess Hunt-Ralston, Georgia Tech

Eine Alternative zu Silizium

Die fortschreitende Miniaturisierung und die höheren Leistungsanforderungen bringen Silizium-Halbleiter an ihre Grenzen. Aus diesem Grund sucht die Forschung bereits seit einiger Zeit nach Alternativen. Graphen steht dabei relativ weit oben auf der Liste der Kandidaten. Das Material ist transparent, leicht, flexibel und stabil. Allerdings fehlt ihm die sogenannte Bandlücke – Graphen ist damit kein Halbleiter.

Die Bandlücke bezeichnet eine Art Energiebarriere in Halbleitern. Im Normalzustand sind die Elektronen in einem Halbleiter festgebunden, weshalb er nicht leitet. Wird jedoch Energie in Form von elektrischer Spannung, Licht oder Wärme hinzugefügt, überspringen die Elektronen die Bandlücke und werden mobil – der Halbleiter wird leitend.


Ein Team rund um Jian Zhao von der Tianjin Universität in China hat nun versucht, diese Bandlücke auch bei Graphen hervorzurufen, um aus dem Material praktisch nutzbare Halbleiterchips herstellen zu können. In früheren Experimenten stellte sich bereits heraus, dass die Einengung des Bewegungsspielraums der Elektronen des Graphens dazu führt, dass sich die elektronischen Eigenschaften des Materials verändern lassen. Dies kann relativ einfach geschehen, etwa, indem man das Graphen in schmale Bänder schneidet. Allerdings sind die Ergebnisse nicht wirklich zuverlässig reproduzierbar.

Bandlücke in Graphen

Zhao und seine Kolleg:innen machten sich auf die Suche nach einer alternativen, reproduzierbaren Methode gesucht, um die Eigenschaften des Graphen zu verändern. Dies gelang ihnen. Sie verwendeten zwei dünne Plättchen aus Siliziumcarbid, deren eine Seite vorwiegend aus Siliziumatomen besteht, während die andere Seite die Kohlenstoffschicht des Carbids nach außen kehrt. Diese beiden Plättchen werden dann aufeinandergelegt, sodass die Kohlenstoff- und die Siliziumseite aufeinander zeigen. Dieses „Sandwich“ aus zwei Siliziumcarbid-Scheiben wird dann in einer Argon-Atmosphäre auf etwa 1.600 Grad erhitzt. Dabei lösen sich die Kohlenstoffatome aus der Carbidschicht und lagern sich auf die ihnen gegenüberliegende Siliziumfläche. „Diese auf dieser Oberfläche wachsende graphitische Schicht hat zwar die Gitterstruktur des Graphens, ist aber in Teilen kovalent an das Siliziumcarbid gebunden„, erklären die Forscher:innen.

Die entstanden Bindungen verändern dann die elektronischen Eigenschaften des Graphens. Die Graphenschicht, die an das Siliziumcarbid gebunden ist, entwickelt eine Bandlücke von etwa 0,6 Elektronenvolt, was etwa der Hälfte der Bandlücke von Silizium entspricht. Das Graphen wird dadurch zum Halbleiter.

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Deutlich schnellerer Elektronentransport als in Silizium

Die Forscher:innen stellten ihren Graphen-Halbleiter auf den Prüfstand. Bei Raumtemperatur zeigte der angeregte Halbleiter eine Ladungsmobilität von mehr als 5.000 Quadratzentimeter pro Volt und Sekunde. Die Ladungsmobilität gibt an, wie schnell sich Elektronen durch das Material bewegen können. Die Mobilität beim Graphen-Halbleiter ist etwa zehn mal höher als bei Silizium.

Das Graphen hat gegenüber Silizium und anderen Halbleitern noch weitere Vorteile. „ Es ist effizienter, heizt sich nicht so schnell auf und ermöglicht höhere Geschwindigkeiten der Elektronen. Damit haben wir jetzt einen extrem robusten Graphen-Halbleiter, der eine höhere Mobilität als Silizium aufweist und darüber hinaus weitere einzigartige Eigenschaften besitzt„, erklärt Walter de Heer vom Georgia Institute of Technology in Atlanta, Seniorautor des Papers.

Diese neue Art Halbleiter könnte die Tür für deutlich effizientere und schnellere Elektronikbauteile aufstoßen. Bis es praktisch nutzbare Transistoren auf Basis von Graphen gibt, wird aber noch etwas Zeit vergehen. Erst müssen die Graphen-Halbleiterchips und die entsprechenden Schaltkreise noch optimiert werden. Das Team sieht jedoch großes kommerzielles Potential in den Graphen-Siliziumcarbid-Chips.

via Georgia Institute of Technology

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