Aktuell kämpfen Regierungen weltweit gegen die Ausbreitung des Coronavirus. Dabei stützen sie sich auf die Expertise von zahlreichen Experten. Letztlich muss die finale Entscheidung in Deutschland aber immer von einem gewählten Politiker getroffen werden. Wie schwierig dies sein kann, lässt sich für Außenstehende nur erahnen. Der Wissenschaftler Professor Andreas Pyka von der Universität Hohenheim hat mit seinem Team nun ein Online-Modell präsentiert, bei dem sich die Ausbreitung einer Virusinfektion simulieren lässt. Gleichzeitig können in der virtuellen Stadt verschiedene Gegenmaßnahmen ergriffen werden, um die Krankheit einzudämmen. Die Auswirkungen werden dann noch während der laufenden Simulation sichtbar, sodass die Maßnahmen auch angepasst werden können. Die Hoffnung der beteiligten Forscher ist, dass dadurch das Verständnis für die dahinter stehenden Zusammenhänge erhöht werden.


Das exponentielle Wachstum ist der entscheidende Faktor

So kommt es bei der Ausbreitung von Infektionskrankheiten oft zu einem exponentiellen Wachstum der Infizierten. Wenn beispielsweise jeder Kranke nur zwei weitere Menschen ansteckt, verdoppelt sich die Zahl der Erkrankten logischerweise mit jeder Ansteckungsrunde. Innerhalb weniger Tage können so aus wenigen hundert Betroffenen mehr als eine Millionen Infizierte werden. Für viele Menschen ist ein solch starkes Wachstum aber nur schwer vorstellbar. Schon im dritten oder vierten Jahrhundert nach Christus wurde daher die sogenannte Weizenkornlegende erfunden. Dabei gewährte ein reicher Herrscher einem weisen Brahmanen einen Wunsch. Dieser bat daraufhin um Weizenkörner auf einem Schachbrett. Auf dem ersten Feld wollte er lediglich ein einziges Korn haben – und dann jeweils auf dem nächsten Feld die doppelte Menge. Der Legende nach lachte der Herrscher darüber und gewährte die Bitte. Wenig später mussten die Rechenmeister des Reiches dann einräumen, dass im ganzen Land nicht genügend Weizenkörner aufzutreiben waren.


Die Reaktion erfolgt immer mit zeitlicher Verzögerung

Übertragen auf die Ausbreitung von Infektionskrankheiten bedeutet dies: Gelingt es nicht, dass exponentielle Wachstum zu stoppen, sind die Kapazitäten des Gesundheitssystems schnell erschöpft. Dies wird auch in der Simulation deutlich: Wer zu spät entschiedene Gegenmaßnahmen ergreift, muss zunächst mit ansehen, wie die Kurve der Erkrankten weiter steil ansteigt – bevor die Maßnahmen dann endlich zu greifen beginnen. Auch diese zeitliche Verzögerung zwischen Aktion und Reaktion wird durch das Modell gut deutlich. Klar ist aber natürlich auch: Es handelt sich um eine stark vereinfachte Simulation. Denn natürlich lassen sich in der Realität die Auswirkungen bestimmter Maßnahmen nicht immer punktgenau vorhersagen. Außerdem können echte Politiker nicht einfach noch einmal von vorne beginnen, wenn sie merken, dass sie zu spät reagiert haben. Um aber grundsätzlich zu verstehen, wie sich Infektionen ausbreiten und wie bestimmte Gegenmaßnahmen wirken, ist das Online-Modell der virtuellen Stadt durchaus sinnvoll.

Via: Universität Hohenheim

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