Die Bundesregierung versucht aktuell, so schnell wie möglich die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu verringern. Federführend verantwortlich ist hier Wirtschaftsminister Robert Habeck. Dieser muss den Spagat finden zwischen kurzfristigen Maßnahmen und langfristigen Lösungen. So reiste er unter anderem nach Katar, um dort neue Lieferabkommen zu schließen. Außerdem werden schwimmende Terminals in Betrieb genommen, um die Gaslieferung per Schiff zu ermöglichen. Zusätzlich schloss der Wirtschaftsminister nicht aus, bestimmte Kohlekraftwerke länger laufen zu lassen. Als Minister der Grünen dürfte Habeck dies nicht leicht gefallen sein. Umso wichtiger ist es ihm, den Ausbau der Erneuerbaren Energien endlich massiv voranzutreiben, um vollständig unabhängig von fossilen Rohstoffen zu werden. Hierbei setzt die Bundesregierung auch auf die Kooperation mit Nachbarländern, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen. So wollen Deutschland, Belgien, die Niederlande und Dänemark die Nordsee zum „grünen Kraftwerk“ Europas machen.


Windparks sollen gemeinsam erschlossen werden

Zunächst geht es vor allem um den Ausbau der Windenergie. So soll die Offshore-Leistung hier bis zum Jahr 2030 vervierfacht und bis zum Jahr 2050 verzehnfacht werden. Möglich werden soll dies auch durch gemeinsame Projekte. Die Länder könnten also gemeinsam geeignete Gebiete erschließen und dort dann Offshore-Windanlagen errichten. So einleuchtend die Idee auch klingt, es würde sich um ein Novum handeln. Denn bisher existiert in ganz Europa kein Kraftwerk, das von mehreren Ländern gleichzeitig betrieben wird. Die Nordsee wiederum eignet sich gut für den Bau von Offshore-Windanlagen, weil sie über einen vergleichsweise großen Festlandsockel verfügt. Es ist daher auch kein Wunder, dass es dort schon heute zahlreiche Windparks gibt, die ohne staatliche Subventionen auskommen und sich selbst wirtschaftlich tragen. Mit dem Rückenwind der Politik soll diese Stärke nun weiter ausgebaut werden. Im Mittelpunkt steht hier nicht einmal unbedingt die finanzielle Förderung, sondern etwa die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sowie die Abschaffung unnötiger Bürokratie. Zukünftig soll dann auch bei der Produktion von grünem Wasserstoff kooperiert werden.


Die deutsche Windkraft-Industrie befindet sich in der Krise

Beschlossen wurde das gemeinsam Projekt in der dänischen Stadt Ebsbjerg. Der Ort bringt eine gewisse Symbolkraft mit sich. Denn es handelt sich um ein ehemaliges Drehkreuz des Öl- und Gashandels. Heute ist die Stadt hingegen vor allem für die Produktion von Windrad-Komponenten bekannt. Dies wiederum dürfte auch der Bundesregierung zu denken geben. Denn die deutsche Windkraft-Industrie befindet sich seit Jahren in einer schweren Krise. Immer mehr Produktionskapazitäten wandern daher ins Ausland. Neuestes Beispiel: Das letzte Werk zur Produktion von Rotorblättern in Rostock steht vor der Schließung. Im schlimmsten Fall könnte sich hier die Geschichte der deutschen Solarindustrie wiederholen. Denn Solarmodule werden heute fast ausschließlich in Asien gefertigt. Sämtliche deutsche Produktionsstätten mussten geschlossen werden. Die Bundesregierung möchte ein solches Szenario in Sachen Windkraft allerdings unbedingt verhindern und hat staatliche Unterstützung angekündigt. Im Idealfall könnten dann auch deutsche Unternehmen vom Ausbau in der Nordsee profitieren.

Via: Handelsblatt

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