Norwegen gilt in Europa als großes Vorbild in Sachen Elektromobilität. Nirgendwo auf der Welt ist der Anteil an Elektroautos auf den Straßen so hoch wie in dem Königreich. Selbst in absoluten Zahlen betrachtet, befinden sich die gut fünf Millionen Norweger noch innerhalb der Top 5. Auf den ersten Blick war diese Begeisterung für Elektroautos allerdings nicht zu erwarten. Noch immer finanziert sich der norwegische Staatshaushalt zu einem nicht unerheblichen Teil aus Öl-Einnahmen. Doch ideologische Scheuklappen sind dadurch nicht entstanden. Fünf Gründe haben dafür gesorgt, dass Norwegen heute als Hochburg der Elektromobilität gilt – und die Autonation Deutschland in diesem Punkt noch deutlich hinterherhinkt.


1. Der Staat sorgt für vergleichbare Preise.


Die Liste der Vergünstigungen beim Kauf eines Elektroautos in Norwegen ist lang. So muss beispielsweise keine Mehrwertsteuer bezahlt werden – die in dem Königreich sogar bei 25 Prozent liegt. Auch die Registrierungssteuer in Höhe von mehreren tausend Euro entfällt ersatzlos. Nach dem Kauf subventioniert der Staat kräftig weiter: So wurde die Kraftfahrzeugsteuer reduziert und es können Mautstraßen und Fähren kostenlos genutzt werden.

Alles in allem konnten die Kosten für Elektroautos so auf ein Niveau gesenkt werden, das in etwa einer Oberklassenlimousine mit Verbrennungsmotor entspricht. In Deutschland hingegen wurde erst sehr spät eine Kaufprämie von einmalig 4.000 Euro eingeführt.

2. Die Regierung hat den Aufbau des Ladenetzes übernommen.

Dies ist in vielen Ländern ein strittiger Punkt. Autohersteller und die öffentliche Hand streiten darüber, wer die Kosten für den Ausbau der Infrastruktur übernehmen muss. In Norwegen vergibt die staatliche Firma Enova Aufträge für den Aufbau einer Kette an Ladestationen. Ganz uneigennützig geschieht dies nicht. Die Regierung hofft so, Kompetenz und Expertise in dieser wichtigen Zukunftstechnologie gewinnen zu können.

3. Die Kaufkraft ist enorm hoch.

Norwegen ist eines der reichsten Länder der Welt – nicht zuletzt dank der Einnahmen aus dem Ölgeschäft. So liegt das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf bei 70.392 US-Dollar. Dies entspricht weltweit Platz drei hinter Luxemburg und der Schweiz. Zum Vergleich: Deutschland kommt auf einen Wert von 41.902 Dollar. Die Förderprogramme der norwegischen Regierung wurden also auch deshalb so gut angenommen, weil ausreichend Geld für den Kauf eines Elektroautos vorhanden war.

4. Norwegen hat keine eigene Automarke im Land.

In Norwegen gibt es keine traditionsreichen Autohersteller mit vielen Mitarbeitern. Dies hat zur Folge, dass auch die emotionale Bindung an eine bestimmte Marke nicht so hoch ist wie teilweise in Deutschland. Ein kompletter Neueinsteiger wie Tesla hatte daher vergleichsweise einfaches Spiel. In Deutschland hingegen sind mehr als 800.000 Menschen in der Automobilindustrie beschäftigt – und fahren nicht selten ein Fahrzeug ihres Arbeitgebers.

5. Eine machtvolle Lobby.

Der Verband der Elektroautobesitzer in Norwegen ist eine mächtige Institution. Forderungen nach einem kompletten Verbot von Autos mit Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2025 werden von dieser Organisation mit betrieben und unterstützt. In Deutschland hingegen ist die klassische Automobilindustrie bestens vernetzt. Dies hat teilweise absurde Folgen: So wird etwa Diesel steuerlich begünstigt, weil er als besonders klimafreundlich angepriesen wurde. Eine Aussage, die spätestens seit dem Dieselskandal in Zweifel gezogen werden muss.

Fazit: Teilweise profitiert Norwegen enorm von bereits vorhandenen Faktoren, auf die die Regierung kurzfristig gar keinen Einfluss nehmen kann. Die Erfolgsstory lässt sich also nicht ohne weiteres in anderen Ländern wiederholen. Fakt ist aber auch: Norwegen hat sich so konsequent wie kaum ein anderes Land der Förderung der Elektromobilität verschrieben. In diesem Punkt war die deutsche Regierung deutlich zurückhaltender. Auch dies ist ein Grund für den unterschiedlichen Erfolg in beiden Ländern.

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