Ein Blitz, der quer durch mehrere Bundesstaaten flimmert – das klingt eher nach Sci-Fi als nach Wetterkunde. Aber genau so ein spektakuläres Phänomen hat am 22. Oktober 2017 tatsächlich stattgefunden. Erst kürzlich hat ihn die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) offiziell bestätigt: Ein sogenannter Megaflash spannte sich über unglaubliche 829 Kilometer von Ost-Texas bis in die Nähe von Kansas City in Missouri. Der Rekord schlägt seinen Vorgänger um rund 61 Kilometer – und stammt aus einem Sturm aus dem Jahr 2017, den niemand damals als Rekordtäter erkannt hatte.


Vom Sturm zur Superlative

Dieser außergewöhnliche Blitz entstand in einem sogenannten mesoskaligen konvektiven System (MCS), also einem großräumigen Gewittersystem, das oft mit heftigen Regenfällen und ungewöhnlich weitläufigen elektrischen Entladungen einhergeht – den Megaflashes. Besonders spektakulär ist, dass sich diese Entladung über hunderte Kilometer quer über den Horizont erstreckt: Der fragliche Blitz hielt sich mehr als sieben Sekunden lang, brachte über hundert bodennahe Entladungen hervor und war so lang, dass eine Autofahrt von Start bis Ende acht bis neun Stunden gedauert hätte – ein Flug hätte rund 90 Minuten benötigt.


Die Erkennung erfolgte erst nachträglich – mittels moderner Satellitentechnik. Die GOES-16-Satelliten nahmen das Sturmphänomen seinerzeit auf, doch erst durch eine erneute Analyse Jahre später wurde der Megaflash als solcher identifiziert. Der WMO-Ausschuss für Wetter- und Klimaextreme vermaß die Strecke präzise nach der sogenannten „maximalen Großkreis-Distanz“, eine Methode, die berücksichtigt, dass die Erde rund ist – und so den tatsächlichen horizontalen Verlauf korrekt abbildet.

Technik zwischen Himmel und Erde

Die Sensation liegt aber nicht nur im Blitz selbst, sondern auch in der technikgestützten Spurensuche: Der Einsatz von Geostationary Lightning Mappers (GLM) auf Satelliten wie GOES-16, -17, -18 sowie das kommende europäische MTG-System haben neue Impulse in der Blitzforschung gesetzt. Der Meteorologe Michael J. Peterson vom Georgia Institute of Technology unterstrich, wie bahnbrechend diese Weltraumbeobachtung ist: „Die Extreme dessen, wozu Blitz fähig ist, sind schwer studierbar, weil sie an die Grenzen dessen stoßen, was wir praktisch beobachten können. Das Hinzufügen von kontinuierlichen Messungen aus geostationärer Umlaufbahn war ein großer Fortschritt.“

WMO-Rapporteur Professor Randall Cerveny ergänzte: „Diese neue Rekordmessung zeigt eindrucksvoll die ungeheure Kraft der Umwelt. Sie beweist zugleich den erheblichen wissenschaftlichen Fortschritt in der Erfassung und Bewertung solcher Extremereignisse. Es ist wahrscheinlich, dass noch größere Extreme existieren und wir sie entdecken werden, wenn hochwertige Blitzdaten anwachsen.“ Damit ist klar: Megaflashes sind nicht bloß kuriose Wetterereignisse. Sie zeigen, wie weit unsere Beobachtungsinstrumente bereits gekommen sind – und wie viel wir noch entdecken können.

Was das Ganze für die Praxis bedeutet

Der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn ist enorm, doch solche Blitze sind nicht bloß spektakulär fürs Allgemeinwissen. Wie WMO-Generalsekretärin Celeste Saulo betonte: „Blitz ist Quelle des Staunens, aber auch eine große Gefahr, die jedes Jahr viele Menschenleben fordert. Diese neuen Erkenntnisse legen nahe, dass elektrifizierte Wolken Entladungen über extrem weite Distanzen erzeugen können, mit bedeutenden Auswirkungen auf Luftfahrt, Infrastruktur und Waldbrandgefahren.“

Damit zeigt sich, dass die Erforschung von Megaflashes mehr ist als ein technisches Rätsel: Sie hat praktischen Wert für Frühwarnsysteme, Infrastrukturplanung und Katastrophenvorsorge. So kann es künftig möglich werden, auch rätselhafte, weitreichende Blitzeinschläge besser zu verstehen und ihre Risiken einzuschätzen – längst über den sichtbaren Blitz hinaus.

 

via WMO

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