Im Herbst 2025 meldete ein Forschungsteam am Caltech einen bemerkenswerten Fortschritt in der Entwicklung von Quantencomputern: Erstmals gelang es, über 6 100 neutrale Atome in einem optischen Pinzetten-Array als Quantenbits (Qubits) zu kontrollieren. Dieses Ergebnis markiert einen neuen Größenrekord und zeigt, dass sich Kohärenz und Skalierbarkeit kombinieren lassen – zwei Eigenschaften, die lange als schwer vereinbar galten. Bild: Caltech/Lance Hayashida Vom Einzelnatom zum Großsystem Während klassische Computer mit klar definierten Zuständen von 0 und 1 arbeiten, können Quantenbits in Überlagerungen existieren. Diese Eigenschaft eröffnet parallele Rechenpfade und macht Quantencomputer potenziell leistungsfähiger bei bestimmten Aufgaben. Voraussetzung ist jedoch, dass viele Qubits gleichzeitig stabil steuerbar sind. Das Caltech-Team setzte dafür auf neutrale Atome, die in einem Ultrahochvakuum mit optischen Pinzetten festgehalten werden. Mithilfe einer Laserquelle entstanden 12 000 Pinzetten, in denen 6 100 Atome präzise angeordnet und manipuliert wurden. Trotz dieser Größe erreichten die Forschenden eine Kohärenzzeit von rund 12,6 Sekunden – ein Rekord für diese Architektur. Auch die Lebensdauer der Atome und die Genauigkeit bei ihrer Abbildung lagen auf hohem Niveau. Besonders bemerkenswert ist, dass die Skalierung nicht zulasten der Genauigkeit ging. „Large scale, with more atoms, is often thought to come at the expense of accuracy, but our results show that we can do both“, erklärte Gyohei Nomura, einer der beteiligten Wissenschaftler. Teamleiter Manuel Endres betonte zudem: „We can now see a pathway to large error-corrected quantum computers. The building blocks are in place.“ Kein Quantencomputer ohne Verschränkung Trotzdem steht der Schritt zu einem universellen Quantencomputer noch aus. Entscheidend ist die Fähigkeit, Qubits systematisch zu verschränken. Ohne Verschränkung sind zwar einzelne Manipulationen möglich, aber keine komplexen Rechenoperationen. Die Forschenden betonen, dass dieser Aspekt bisher fehlt und als nächstes Ziel gilt. Eine zentrale Methode zur Erzeugung von Verschränkung sind Rydberg-Zustände. Dabei wird ein Atom in einen hochangeregten Zustand versetzt, in dem es stärker mit Nachbaratomen wechselwirkt. Diese Technik verspricht leistungsfähige Quantenoperationen, ist aber störanfällig und technisch anspruchsvoll. Auch die gezielte Neuordnung von Atomen innerhalb des Gitters – notwendig für komplexe Algorithmen – wurde noch nicht in großem Maßstab demonstriert. Hinzu kommt die Herausforderung der Fehlerkorrektur. Da Quanteninformationen nicht einfach kopiert werden können, müssen komplexe Verfahren eingesetzt werden, die zusätzliche physische Qubits erfordern. Erst wenn diese Methoden im großen Stil funktionieren, lassen sich logische Qubits bilden, die zuverlässig arbeiten. Quantencomputer: Technische Skalierung machbar Der aktuelle Rekord bedeutet noch keinen funktionsfähigen Quantencomputer, aber er zeigt, dass eine Skalierung auf viele Tausend Qubits technisch machbar ist. Damit rückt die Vorstellung näher, Systeme mit zehntausenden Qubits zu entwickeln, die praktische Anwendungen ermöglichen könnten. Besonders interessant wäre dies für Quantenchemie, Materialforschung, Kryptographie oder Optimierungsprobleme, die klassische Rechner kaum noch bewältigen. Neutrale Atome bieten dafür einige Vorteile: Sie lassen sich gut isolieren, sind vielseitig manipulierbar und erlauben prinzipiell eine flexible Anordnung in Gitterstrukturen. Das Caltech-Experiment gilt deshalb als wichtiger Meilenstein. Es legt die Grundlagen, auf denen künftige Fortschritte bei Verschränkung, Fehlerkorrektur und Algorithmendesign aufbauen können. Auch wenn noch viele technische Hürden bestehen, deutet sich an, dass neutrale Atome mit optischen Pinzetten einen bedeutenden Platz in der Quantencomputerlandschaft der kommenden Jahrzehnte einnehmen könnten. via CalTech Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter