Während im Kampf gegen das Coronavirus die ersten Lockerungen der Maßnahmen gegen dessen Verbreitung durchgesetzt wurden, gleichzeitig aber auch bald deutschlandweit eine Mundschutzpflicht gelten dürfte, ist nach wie vor klar: Wirkliche Erleichterung in der Corona-Krise wird nur ein Impfstoff bringen. In Deutschland darf nun ein Unternehmen einen möglicherweise revolutionären Impfstoff testen.


Impfen
Foto: Spritze CC BY-SA 3.0 (VIA WIKIMEDIA COMMONS)

mRNA-Impfstoffe programmieren Zellen um

Dass der grassierende Coronavirus letztlich mit hoher Wahrscheinlichkeit nur durch die Entwicklung eines Impfstoffes langfristig aufgehalten werden kann, ist inzwischen nahezu Konsens. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass weltweit mit Hochdruck an möglichen Vakzinen gegen das Virus geforscht wird. In Deutschland stehen hinter diesen Bemühungen vor allem zwei Biotechunternehmen: CureVac aus Tübingen sowie Biontech aus Mainz. Letzteres Unternehmen erhielt kürzlich die Genehmigung für klinische Versuche vom Paul-Ehrlich-Institut. Sowohl CureVac als auch Biontech setzen für ihre Impfstoffe auf sogenannte mRNA-basierte Vakzine, eine revolutionäre Technologie, die quasi eine neue Ära in der Entwicklung von Impfstoffen einläuten könnte.

Von zentraler Bedeutung für die mRNA-Impfstoffe ist die sogenannte Messenger RNA, kurz mRNA. Dabei handelt es sich um ein Molekül, das in jeder Zelle vorkommt und innerhalb dieser genetische Botschaften vom Zellkern in die Bereiche übermittelt, in denen Proteine produziert werden. Die mRNA ist also maßgeblich mit dafür verantwortlich, welche Proteine eine Zelle herstellt.


Theoretisch können Zellen so quasi jedes Protein herstellen. Forscher kamen daher auf den Gedanken, dass dies auch für die Bestandteile von Erregern wie Viren und Bakterien gelten müsste. Dass dies funktioniert, konnte bereits vor gut 30 Jahren nachgewiesen werden. Die mRNA muss lediglich entsprechend programmiert werden, und schon kann der Körper Virus-Bestandteile selber produzieren. Bei klassischen Impfstoffen werden in vielen Fällen abgeschwächte oder abgetötete Erreger in den Körper eingebracht, um das Immunsystem auf den Erreger zu trainieren. Im Falle von mRNA-Impfstoffen würde der Körper selber diese Aufgabe übernehmen.

Neuartige Technologie mit Vorteilen

Mit einem mRNA-Impfstoff könnte man Zellen also theoretisch dazu bringen, Teile des SARS-CoV-2-Virus nachzubauen. Konkret geht es bei den deutschen Impfstoffen um das Spike-Protein an der Außenhülle der Virus-Zellen. Das Immunsystem könnte so lernen, Antikörper gegen dieses Spike-Protein und somit auch gegen SARS-CoV-2 zu bilden. Sollte der Organismus dann tatsächlich dem Virus ausgesetzt werden, wäre so eine schnelle Immunantwort möglich.

Die mRNA-Impfstoffe bringen viele Vorteile, unter anderem den, dass sie relativ einfach zu produzieren sind. „ Man kann mRNA sehr schnell herstellen. Und wir benötigen nur geringe Mengen im Mikrogramm-Bereich. Das heißt wenige Kilogramm mRNA-Wirkstoff könnten ausreichen, um viele Millionen Menschen zu impfen„, so Ugur Sahin, Chef von Biontech, gegenüber der Helmholtz-Gemeinschaft. Die mRNA-Impfstoffe sind daher auch hervorragend dafür geeignet, schnell auf neu auftretende Pandemien reagieren zu können.

Es besteht außerdem die Hoffnung, dass die gesundheitlichen Risiken der mRNA-Impfstoffe geringer sind als die klassischer Impfstoffe. Die neuartigen Impfstoffe kommen ohne Verstärker-Substanzen aus, die möglicherweise Nebenwirkungen auslösen können.

Impfstoff nicht vor 2021

Aber auch, wenn es bereits vielversprechende Ansätze für eine Impfung gibt, verbleiben Unsicherheiten. Unklar ist etwa noch, inwiefern das Vorhandensein von Antikörpern im Körper überhaupt vor einer SARS-CoV-2-Infektion schützt – für eine Beurteilung dieser Frage fehlt es schlicht an Datenmaterial. Zudem ist die mRNA-Technologie sehr neu. So neu, dass es bisher noch keinen zugelassenen mRNA-Impfstoff gibt.

Und auch wenn möglicherweise die Bereitschaft besteht, Zulassungsverfahren angesichts der Coronavirus-Pandemie zu verschlanken, wird die Entwicklung eines solchen Impfstoffes Zeit kosten. Biontech wird ab Ende April in Kooperation mit dem Pharmaunternehmen Pfizer insgesamt vier Impfstoffe an 200 gesunden Erwachsenen im Alter von 18 bis 55 Jahren testen. In der anschließenden Phase sollen 500 Angehörige von Covid-19-Risikogrippen geimpft werden. Erste Daten werden dann im Juni erwartet. CureVac möchte mit ersten Tests im Frühsommer beginnen. Je nach Verlauf der ersten Tests könnten die ersten Phase-2-Studien beider Hersteller dann im Herbst beginnen. In den USA sieht es bereits anders aus: Das Unternehmen Moderna begann bereits Mitte März mit der klinischen Erprobung eines mRNA-Impfstoffs. Mit einem tatsächlich zugelassenen Impfstoff ist aber weiterhin nicht vor Mitte des kommenden Jahres zu rechnen. „ Wichtig für uns ist, der Impfstoff muss wirksam und verträglich sein – das ist das oberste Ziel„, so Klaus Cichutek, der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts.

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