Die weltweite Wasserversorgung könnte in den kommenden Jahrzehnten in eine kritische Phase eintreten. Eine neue Untersuchung der Universität Bursan warnt vor einer massiven Zunahme sogenannter „Day Zero Droughts“ – Dürreereignisse, bei denen die Nachfrage nach Wasser aus Flüssen, Seen und Reservoirs das natürliche Angebot deutlich übersteigt. Das Forschungsteam nutzte hochauflösende Klimamodelle, um Szenarien für den Verlauf bis zum Ende des Jahrhunderts zu berechnen. Das Ergebnis zeichnet ein Bild, das selbst vorsichtige Prognosen übertrifft.


Foto: Dry!, TheZionView View, Flickr, CC BY-SA 2.0

Ein Wendepunkt in der Wasserversorgung

Die Forscher:innen führten ein Konzept ein, das verdeutlichen soll, wann Wassermangel eine neue Qualität erreicht: die „Day Zero Drought“. Diese beschreibt nicht nur vorübergehende Trockenheit, sondern den Moment, an dem das System dauerhaft aus dem Gleichgewicht gerät. In ihrer Modellrechnung zeigte sich, dass bereits bis 2030 rund ein Drittel der untersuchten Regionen mit solchen Extremsituationen rechnen muss. Zum Ende des Jahrhunderts könnten hunderte Millionen Menschen betroffen sein. „Day Zero Droughts are no longer a distant scenario: they are already happening“, erklärte Studienleiter Ravinandrasana.

Die Forscher:innen betonen, dass die Dramatik nicht allein durch den Klimawandel verursacht wird. Vielmehr entsteht ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren: steigende Temperaturen, veränderte Niederschlagsmuster, wachsende Bevölkerungen und ein zunehmender Wasserbedarf in Landwirtschaft und Industrie. Gerade urbane Räume sind besonders anfällig, da sie kaum Puffer haben und stark von kontinuierlicher Zufuhr abhängig sind.


Hotspots der Wasserknappheit: In Europa wäre vor allem der Mittelmeerraum betroffen

Besonders gefährdete Regionen liegen im Mittelmeerraum, in Teilen Afrikas und Asiens sowie in Nordamerika. In diesen Gebieten verändern sich Niederschlagszyklen und Flussläufe so stark, dass vorhandene Reserven nicht mehr ausreichen. Verstärkt wird das Problem durch den massiven Zugriff auf Grundwasser. Schon heute werden vielerorts Ressourcen entnommen, die sich über Jahrhunderte aufgebaut haben und die sich nicht in menschlichen Zeiträumen regenerieren lassen.

Die Studie verweist zudem auf das Beispiel Kapstadt, das 2018 knapp einem „Day Zero“ entging. Solche Ereignisse illustrieren, dass die Szenarien der Modelle keine theoretische Zukunftsvision darstellen, sondern längst Realität geworden sind. Auch Satellitenmessungen bestätigen den Trend: Große Landflächen verlieren kontinuierlich an Süßwasser, was sich global auf den Meeresspiegel auswirkt.

Handlungsbedarf: Die Weltgemeinschaft muss zusammenarbeiten

Die Bursaner Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass eine Kombination aus Anpassung und internationaler Kooperation erforderlich ist. Lokale Maßnahmen wie effizientere Bewässerungstechniken, Wiederverwendung von Wasser und eine nachhaltigere Stadtplanung können zwar Entlastung schaffen, reichen aber nicht aus. Entscheidend sei ein globales Management, das auch grenzüberschreitende Ressourcen umfasst.

Ein zentrales Augenmerk legt die Studie auf Grundwasser. Dieses dürfe nicht länger als „unsichtbarer“ Puffer betrachtet werden, der unbegrenzt verfügbar scheint. Stattdessen brauche es klare Regulierungen, Schutzräume und langfristige Strategien, die Entnahme und Regeneration in Einklang bringen.

Die Forscher:innen formulieren die zentrale Botschaft ihrer Arbeit klar: Selbst wenn die internationale Gemeinschaft das 1,5-Grad-Ziel erreichen sollte, werden Millionen Menschen in eine nie dagewesene Wasserknappheit geraten. Damit sei Anpassung keine Option, sondern eine Notwendigkeit, die sofortiges Handeln erfordert.

Die Studie der Universität Bursan fügt sich in ein wachsendes Bild der Klimaforschung ein, hebt sich aber durch ihre konsequente Modellierung von „Day Zero Droughts“ hervor. Sie macht sichtbar, dass die globale Wasserversorgung nicht nur eine Frage technischer Infrastruktur ist, sondern auch eine Herausforderung an internationale Politik, nachhaltige Stadtentwicklung und gesellschaftliche Resilienz.

 

via EurasiaReview

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