Die Künstliche Intelligenz ist hungrig. Sie verschlingt riesige Datenmengen, verlangt nach enormer Rechenleistung und produziert dabei nicht selten einen CO₂-Fußabdruck, der dem eines Langstreckenflugs gleicht. Doch nun kündigt sich eine technische Revolution an, die nicht nur die Geschwindigkeit von Datenverarbeitung dramatisch erhöht, sondern auch das Energieproblem entschärfen könnte. Forscher:innen der Universität Laval in Kanada und der australischen Universität von Surrey haben einen optischen Chip entwickelt, der Daten mit einer Rate von bis zu einem Terabit pro Sekunde verarbeiten kann – und das bei deutlich reduziertem Energieverbrauch.


Photonen statt Elektronen

Das Herzstück der Innovation ist ein photonischer Chip. Anders als herkömmliche Prozessoren, die elektrische Signale verarbeiten, nutzt dieser Chip Licht, um Informationen zu übertragen. Der entscheidende Vorteil: Lichtteilchen – also Photonen – können wesentlich mehr Informationen transportieren als Elektronen, ohne sich dabei gegenseitig zu stören. Und weil Licht kaum Wärme erzeugt, ist der Energieaufwand deutlich geringer. Der neue Chip vereint über 100 optische Kanäle auf einer einzigen Plattform, was eine parallele Verarbeitung riesiger Datenmengen ermöglicht. „Das ist wie der Sprung von einer Landstraße auf eine sechsspurige Autobahn – nur, dass hier jede Spur mit Lichtgeschwindigkeit arbeitet“, erklärt Professor Roberto Morandotti, einer der leitenden Forscher am Projekt.


KI auf der Überholspur

Die möglichen Anwendungen sind enorm. Gerade bei KI-Anwendungen, die oft Milliarden von Parametern auswerten müssen – etwa bei großen Sprachmodellen oder beim autonomen Fahren – ist Geschwindigkeit entscheidend. Der neue Chip könnte in neuronalen Netzwerken eine Schlüsselrolle spielen, indem er die Datenverarbeitung in Echtzeit ermöglicht, ohne dass Serverfarmen im Hintergrund glühen müssen. Gleichzeitig reduziert sich der Energieverbrauch um ein Vielfaches. „Wir haben hier nicht nur einen technologischen Durchbruch, sondern auch einen ökologischen“, betont Morandotti. Die Reduktion der Rechenzeit bedeutet auch eine Reduktion des Stromverbrauchs – ein Umstand, der gerade im Kontext des stetig wachsenden Energiebedarfs durch KI enorm relevant ist.

Ein kleiner Chip, große Perspektiven

Noch befindet sich der Chip in der Entwicklungsphase, doch erste Tests verliefen erfolgreich. Der nächste Schritt ist die Integration in bestehende Systeme. Ziel ist es, photonische Chips in Rechenzentren, mobilen Endgeräten oder Edge-Computing-Plattformen einzusetzen. Dabei könnten sie nicht nur bestehende Hardware entlasten, sondern ganze Architekturen verändern. Die Forscher:innen sind überzeugt, dass dies ein Meilenstein für zukünftige Technologien ist. Die enge Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschung und industrieller Umsetzung soll dabei helfen, die Marktreife rasch zu erreichen.

Dass der Chip nicht nur schneller, sondern auch grüner ist, macht ihn besonders interessant für eine Branche, die sich zunehmend mit Fragen der Nachhaltigkeit konfrontiert sieht. Wenn dieser technologische Sprung gelingt, könnte er die Art, wie wir Daten verarbeiten, grundlegend verändern – und der Künstlichen Intelligenz die nötige Infrastruktur liefern, um noch intelligenter, effizienter und umweltfreundlicher zu werden.

via Universität Laval

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