Vor rund zwanzig Jahren verkündeten Forscher erstmals, dass sie das menschliche Genom entschlüsselt hätten. Tatsächlich handelte es sich damals um einen wichtigen Durchbruch. Denn die Wissenschaft konnte damit aufzeigen, welche Gene welche Funktionen in unserem Körper steuern. Umgekehrt bedeutete dies eben auch: Das Verständnis von durch Fehlfunktionen ausgelöste Krankheiten hat stark zugenommen. Dennoch war die damalige mediale Berichterstattung oftmals nicht ganz korrekt. Denn es wurde keineswegs das gesamte menschliche Genom entschlüsselt – sondern lediglich 92 Prozent. Zu erklären ist dies mit den damals zur Verfügung stehenden Werkzeugen. So wurde bei der üblichen Sequenzierung das Erbgut zunächst in kleine Stücke zerlegt und dann wieder zusammengesetzt. In aller Regel funktionierte dies sehr gut. Probleme gab es aber immer dann, wenn sich Muster beständig wiederholten. Es war dann gewissermaßen wie ein Puzzle, bei dem es mehrere gleiche und zueinander passende Teile gab.


Die Kombination von zwei Analysemethoden führte zum Ziel

Zu finden sind solche wiederkehrenden Muster etwa in den sogenannten Zentromeren. Dabei handelt es sich um die Knotenpunkte der Chromosomen. Einfach ignorieren kann man diese Bereiche aus Sicht der Forschung aber auch nicht. Denn sie haben wichtige Funktionen inne. So übernehmen sie etwa bei der Zellteilung – und damit auch bei der Entstehung von Embryonen – entscheidende Aufgaben. Ein internationales Forscherteam hat daher nun zwei neuartige Analysemethoden zum Einsatz gebracht. Zum einen zogen sie ein DNA-Molekül jeweils durch ein winziges Loch. Dieser Trick ermöglichte es, größere Bereiche am Stück zu sequenzieren. Die Puzzleteile wurden also gewissermaßen größer, was das puzzeln naturgemäß vereinfacht. Anschließend wurden die DNA-Sequenzen auch noch einmal mit einem Laser mehrfach untersucht. Beide Methoden waren schon zuvor bekannt, galten aber als teuer und nicht zuverlässig genug. Die Kombination könnte nun aber für wertvolle Ergebnisse sorgen.


Das Ergebnis ist mit zwei Einschränkungen versehen

Noch allerdings muss die Forschungsarbeit mit einer gewissen Zurückhaltung betrachtet werden. Denn bisher wurden die gewonnenen Daten lediglich auf einem sogenannten Pre-Print-Server hochgeladen. Dadurch wird eine Beurteilung durch unabhängige Experten möglich. Erst wenn diese die Ergebnisse bestätigen, kann wirklich von einem bedeutenden Durchbruch gesprochen werden. Auch dann bleibt aber noch eine zweite Einschränkung. Denn das Forscherteam hat eine sogenannte Blasemole untersucht. Dabei handelt es sich um eine Eizelle ohne Zellkern, die von einem Spermium befruchtet wurde. Enthalten war somit nur das männliche Erbgut. Der Vorteil dieser Vorgehensweise: Es müssen nur 23 statt 46 Chromosomen untersucht werden, was die benötigte Rechenleistung reduziert. Bei der ersten weitgehenden Entschlüsselung des menschlichen Genoms waren die Forscher ähnlich vorgegangen. Es gibt aber auch Kritik an dieser Beschränkung. In einem nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler daher ihre kombinierte Analyse auf 46 Chromosomen ausweiten.

Via: Der Spiegel

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