Wasserstoff wird als wichtiger Rohstoff in der Energiewende gehandelt – vor allem für die Industrie. Um allerdings eine gute Alternative zu fossilen Brennstoffen wie Kohle und Gas zu sein, muss Wasserstoff als „grün“ sein, sprich in Elektrolyse-Anlagen hergestellt werden, die Strom aus erneuerbaren Energien verwenden. Deutschland alleine wird den nationalen Bedarf an grünem Wasserstoff wohl nicht decken können. Eine mögliche Lösung wäre, Wasserstoff in sonnen- und windreichen Ländern in Afrika herzustellen und dann nach Deutschland zu importieren. Forscher:innen fanden nun allerdings heraus, dass dies teurer werden könnte als gedacht – so teuer, dass der Brennstoff aufgrund der Kosten auf dem Weltmarkt nicht wettbewerbsfähig wäre. Präzisere Berechnungen sollen Antworten bringen In den Küstenstaaten Afrikas herrschen gute Voraussetzungen für die Wasserstoff-Produktion aus Sonnen- und Windenergie. Allerdings gibt es dort keine entsprechenden Anlagen, sondern nur erste Absichtserklärungen und Abkommen. Wie teuer der Wasserstoff-Import aus solchen Ländern letztlich werden könnte, ist noch nicht abschließend geklärt. „Die gängigen Modelle für grüne Wasserstoff-Anlagen nutzen meist pauschale Finanzierungskosten. Die Bedingungen für Investitionen sind aber in jedem Land unterschiedlich und in vielen afrikanischen Ländern besonders risikoreich„, so Florian Egli von der Technischen Universität München (TUM). Betroffen seien davon vor allem Kosten, die den Betreiber für die Finanzierung der Anlagen selber treffen, etwa Zinsen, die auf Kredite gezahlt werden müssen. Egli und seine Kolleg:innen haben eine Methode entwickelt, mit der sich die Finanzierungskosten für Wasserstoff-Anlagen in Afrika präziser als vorher errechnen lassen. Dabei legten die Forscher:innen zugrunde, dass die entsprechenden Anlagen bis zum Jahr 2030 in Betrieb gehen und dort mithilfe von Elektrolyse Ammoniak produziert wird, das dann nach Rotterdam verschifft wird, um dort in Wasserstoff umgewandelt zu werden. Das Team verglich die Produktionsbedingungen in insgesamt 31 afrikanischen Staaten und bezog dabei wirtschaftliche und politische Aspekte mit ein. Dann verglichen sie in ihrem Rechenmodell vier Szenarien mit niedrigen oder hohen Leitzinssätzen sowie einer Risikoverteilung komplett auf die Betreiber oder einer Mitübernahme von Risiko durch die EU. Anschließend nutzten die Forscher:innen die gewonnen Daten, um die Gesamtkosten der H2-Produktion in Afrika inklusive Import nach Europa zu berechnen. Wasserstoffproduktion in Afrika teurer als gedacht Im Ergebnis stellte sich heraus, dass die Betreiber abhängig von dem Szenario sowie dem jeweiligen Land Zinssätze zwischen acht und 27 Prozent zahlen müssten, was sogar im besten Fall mehr ist als bisher angenommen wurde. Die meisten entsprechenden Rechenmodelle gingen bisher von vier bis acht Prozent Zinsen aus. Daraus würden Kosten von mindestens 3,20 pro Kilogramm Wasserstoff resultieren – allerdings nur, wenn europäische Staaten bzw. die EU den Betreibern der Anlagen Garantien geben und somit das Risiko mittragen. Ohne derartige Garantieren läge der Preis eher bei 4,90 Euro pro Kilogramm Wasserstoff. Das entspricht etwa dem Preis, der in Europa produzierter Wasserstoff bis 2030 wahrscheinlich haben wird. „ Grünen Wasserstoff in Afrika für den Export nach Europa zu produzieren, ist deutlich teurer als angenommen„, so Stephanie Hirmer von der University of Oxford, eine Seniorautorin der Studie. Allerdings gilt das nicht für ganz Afrika. Laut den Berechnungen, die insgesamt 10.300 Standorte untersuchten, könnten davon 214 unter Umständen geeignet sein, grünen Wasserstoff zu einem Preis von etwa drei Euro pro Kilogramm zu produzieren. Derartige Preise wären auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig. Sie setzen aber sowohl Abnahmegarantien als auch ein nicht weiter ansteigendes Zinsniveau voraus. „Diese Standorte liegen in Algerien, Kenia, Mauretanien, Marokko, Namibia und dem Sudan„, erklären die Forscher:innen. Allerdings liegen die Standorte teilweise in politisch unsicheren Regionen, weshalb sie noch wegfallen könnten. Nur wenige Standorte kommen in Frage Laut den Berechnungen des Teams kommen nur wenige Orte in Afrika für die Produktion von Wasserstoff infrage. Und auch dort wäre noch deutliche Unterstützung nötig. „Afrikanische Produktionsstandorte können für den Export nach Europa nur dann wettbewerbsfähig werden, wenn die europäischen Staaten garantieren, dass sie bestimmte Mengen Grünen Wasserstoffs zu festgelegten Preisen abnehmen. Darüber hinaus würden Kreditausfallgarantien helfen, die beispielsweise die Weltbank gewähren könnte. Nur mit solchen politischen Instrumenten kann der Afrika-Europa-Handel mit grünem Wasserstoff etabliert werden, sodass im weiteren Verlauf die Kosten möglicherweise sinken„, erklärt Egli. Es scheint also unwahrscheinlich, dass die Energieprobleme in Europa kurzfristig und günstig mit Afrikas Hilfe gelöst werden können. Allerdings betonen die Forscher:innen auch, dass weiterhin stabile Vereinbarungen mit afrikanischen Wasserstoff-Produzenten nötig seien. „Es geht auch um eine Frage der Fairness. Wenn der momentane Hype nicht mit sinnvollen politischen Maßnahmen unterfüttert wird, riskieren wir Projekte, die am Schluss weder kostengünstig sind noch einen Mehrwert für die Bevölkerung vor Ort schaffen„, erklärt Hirmer. via Technische Universität München Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
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