Mit dem Projekt Internet.org möchte Facebook Internetzugang in ärmeren Gegenden der Welt verbreiten. Was sich im ersten Moment wie eine wohltätige Aktion anhört, ist vor allem eines: Eine Bemühung, mit dem Facebook-Imperium mehr Menschen zu erreichen. Facebook hat momentan um die 1,4 Milliarden Nutzer weltweit. Das entspricht etwa der Hälfte der Menschen, die über einen Internetanschluss verfügen. Mit Internet.org will Facebook mehr Nutzer erreichen. Gerade erst kürzlich ging der Dienst in Indien online. Bei Facebooks Bemühungen bleibt eines auf der Strecke: Die Netzneutralität.


Internet.org: Internet durch die Facebook-Brille

Zuerst einmal ist festzuhalten, dass Internet.org nicht unbedingt der heilige Gral ist, wenn es um die Verbreitung von Internetzugängen geht. Es handelt sich nämlich lediglich um eine App, die – zu bestimmten Bedingungen – kostenfreien Internetzugang ermöglicht. Facebook geht in den jeweiligen Ländern Deals mit Mobilfunkanbietern ein, die den Zugang über Internet.org dann kostenfrei zur Verfügung stellen. Die nötige Hardware muss sich der Nutzer immer noch selber besorgen.

Schwerwiegender ist jedoch der Fakt, dass Internet.org mit freiem Internetzugang nichts zu tun hat. Die App ermöglicht den Nutzern kostenfreien Zugang zu Facebook und einer Reihe von Diensten, die das Wohlwollen des Sozialen Netzwerks auf ihrer Seite haben. Möchte der Nutzer andere Dienste nutzen oder – Gott bewahre – sich frei im Internet bewegen, muss er dafür zahlen.


Wer sich ein bisschen im Bereich IT auskennt, der sollte nun eine Alarmglocke läuten hören: Wo bleibt denn da die Netzneutralität? Der Grundsatz der Netzneutralität besagt, dass jeder Internetverkehr gleich zu behandeln ist und kein Dienst bevorzugt werden darf. Ein Dienst, der den Nutzer bezüglich ihres Surfverhaltens derart bevorzugt, hat mit Netzneutralität mithin nicht mehr viel am Hut.

Facebook behindert Innovation im Web

Facebooks CEO Mark Zuckerberg reagierte auf die Kritik gegenüber Internet.org folgendermaßen: “We’re doing Internet.org to serve our mission of connecting the world rather than trying to make a profit anytime soon. We could make much more money from advertising to rich people than we’d make from advertising to people who can’t afford internet access.

Trotz dieser vorgeschobenen noblen Mission verbleibt der Fakt, dass Facebooks Lösung für mangelhaften Internetzugang ein Zugang ist, der von dem Sozialen Netzwerk aufs schärfste kontrolliert wird.

Diese Lösung ist nicht nur bevormundend, sie behindert auch die Innovation im Internet in Ländern, in denen Internet.org verfügbar ist. IT-Startups, die mit ihren Service nicht auf Facebooks Whitelist landen, müssen sich gegen Konkurrenz durchsetzen, die naturgemäß viel mehr Nutzer erreichen kann. Diese Tatsache offenbart eine besondere Ironie in einer Aussage von Mark Zuckerberg, in der dieser Internet.org als Innovationsmotor anpries.

Internet.org versteht sich selbst als humanitäres Projekt. Hinter der Fassade ist von Humanität allerdings nicht mehr viel zu sehen. Anstatt Menschen in ärmeren Regionen der Welt einen freien, ungehinderten Zugang zu den Informationen und Möglichkeiten des World Wide Web zu ermöglichen, verwandelt Facebook die Menschen in gefangene Nutzer. Wer abseits der gebilligten Pfade wandert, bekommt eins auf die Finger. In diesem Fall in Form einer Rechnung.

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