Wie wichtig die Luft im Autoreifen ist, merkt man zumeist erst, wenn sie nicht mehr da ist. Denn dann muss der Reifen komplett gewechselt und entsorgt werden. Jährlich landen auf diese Weise rund 200 Millionen Autoreifen im Müll. Dies stellt eine nicht unerhebliche Verschwendung von Ressourcen dar. Schon seit einigen Jahren forschen daher gleich mehrere Unternehmen an luftlosen Reifen für Autos oder auch für Fahrräder. Rein technisch ist die Umsetzung inzwischen durchaus möglich. Bisher hat aber kein Hersteller diesen Schritt auch tatsächlich gewagt. Glaubt man den nun auf der IAA in München gemachten Ankündigungen, könnte Michelin hier bald als Pionier in Erscheinung treten. Denn der Konzern präsentierte nicht nur einen luftlosen Autoreifen namens Michelin Uptis, sondern kündigte auch die Markteinführung für das Jahr 2024 an. Konkrete Preise wurden noch nicht genannt. Zumindest sollen die Reifen ohne Luft aber nicht viel teurer sein als die heutigen Modelle.


Bild: Michelin

Die Testfahrten fanden mit einem Mini Cooper SE statt

Diese Angabe lässt allerdings eine breite Spannweite zu. Denn schon heute gibt es Autoreifen quasi in allen denkbaren Preisklassen. Auf der Messe präsentierte Michelin zudem auch gleich eine vorläufige Version des neu entwickelten Reifen. Dabei wurde auf einen Gummiüberzug außen verzichtet. Stattdessen konnte man direkt das Innenleben des Reifens erblicken. Dort befindet sich elastisches Glasfasermetall in einer Lamellenstruktur. Diese kann Stöße abfangen und das Gewicht des Autos abfedern. Ob die Reifen später einmal mit Gummi überzogen werden, steht aktuell noch nicht fest. Aus rein technischer Sicht ist dies nicht nötig. Es könnte aber sinnvoll sein, um Kunden den Umstieg zu erleichtern. Vor Ort in München konnten die Reifen zudem getestet werden. Dabei kam ein Mini Cooper SE zum Einsatz. Von unerwartet aufgetretenen Problemen ist bisher nichts bekannt geworden. Tatsächlich verspricht auch Michelin, dass sich die Autofahrer nicht groß umstellen müssen. Das Fahrverhalten des Autos verändert sich wenn überhaupt nur minimal.

Es handelt sich um einen Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit

Auf den ersten Blick erscheint die Einführung eines luftlosen Autoreifens für Michelin nicht viel Sinn zu ergeben. Denn wenn es keine platten Reifen mehr gibt, dürften mittelfristig auch weniger Reifen verkauft werden. Der Konzern spielt daher verschiedene Szenarien der Vermarktung durch. Denkbar wäre beispielsweise eine Art Abomodell, bei dem insbesondere Großkunden einen Teil der eingesparten Wartungs- und Reparaturkosten weitergeben. Ganz grundsätzlich sieht das Unternehmen sich aber auch verpflichtet, die Reifenproduktion nachhaltiger und ressourcenschonender zu gestalten. Hier könnten die luftlosen Autoreifen eine wichtige Rolle spielen. Allerdings nur wenn auch die Kunden mitspielen und sich für die neue Generation von Autoreifen entscheiden. Damit dies der Fall ist, werden die Ingenieure von Michelin nun ein Standardmodell des Uptis konzipieren, das für alle Automodelle geeignet ist. Anschließend kann dann die Serienproduktion starten.


Via: Handelsblatt

1 Kommentar

  1. Martin Herms

    10. September 2021 at 15:01

    Der Text zum luftlosen Michelin Uptis enthält eine wichtige Info nicht:
    Es handelt sich hier laut den Michelin Internet-Seiten nicht um einen reinen Reifen, sondern um eine Rad-Reifen-Kombination bestehend aus einer „fest verbundenen Einheit aus Aluminium, Kompositmaterialien und Gummilauffläche“.
    d.h. am Lebensende des Reifens ist das ganze Rad dann Müll, weil es keine separate Felge mehr gibt. Und die energetisch und umweltgerechte sinnvolle Wiederverwertung von Kompositmaterialien ist nicht einfach.

    Es wird also nicht nur am Anfang mehr Material eingesetzt, sondern es entsteht am Ende viel mehr Müll, der, bedingt durch die Kompositmaterialien, sich aus heutiger Sicht nicht 100% recyclen lässt. Oder nur mit erhöhtem Aufwand und damit mehr Kosten. In der Form ist das Produkt vielleicht noch nicht zu Ende gedacht über seinen gesamten Lebenszyklus.

    Leider findet man dazu nichts auf den Michelinseiten.

    Auch findet man derzeit keine Infos zum Verhalten des Michelin Uptis, ob bei einer Vollbremsung beim Eingreifen des ABS der Wagen dann identisch lenkbar bleibt, wie bei herkömmlichen Reifen.

    Und bei Sichtung der Michelin Videos zum Uptis sieht man das Verhalten beim Hochfahren an einer Bordsteinkante – der Reifen nimmt fast 100% des Höhenunterschiedes auf – dann sitze ich aber doch mit dem Bodenblech des Autos auf? Das zeigt das Video leider nicht…
    Wer heute nach Feierabend einen Stellplatz am Straßenrand hat, wo er immer eine Bordsteinkante hochfahren muss, der hat immer auf genügend Reifenluftdruck geachtet, damit er nicht aufsitzt bei dem Manöver. Dieses Regeln geht beim Uptis ja nicht mehr – ist der Reifen dann immer härter und hat damit weniger Federungskomfort?

    Als technischer Ingenieur habe ich viele Jahre in der Produktentwicklung gearbeitet und allein die paar Fragen oben zeigen, warum solche scheinbar einfachen Produkte oft Jahrzehnte bis zur perfekten Marktreife brauchen.

    Bleibt ein spannendes Thema, die Zukunft!

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