Die chirurgische Korrektur von Fehlsichtigkeiten wird seit Jahrzehnten vor allem mit dem Laser vorgenommen. Verfahren wie LASIK verändern die Brechkraft der Hornhaut, indem Gewebe dauerhaft abgetragen wird. Obwohl diese Technik weit verbreitet ist, bleibt sie ein operativer Eingriff mit Schnitten und irreversiblen Veränderungen. Aktuelle Forschung schlägt nun einen anderen Weg ein: die Elektromechanische Umformung (EMR) der Hornhaut. Dabei wird Gewebe nicht geschnitten, sondern durch einen kontrollierten elektrischen Impuls vorübergehend in einen formbaren Zustand versetzt. Symbolbild Ein chemisch-elektrischer Ansatz statt Schneiden mit dem Laser EMR nutzt die Eigenschaften der Hornhaut, deren Stabilität auf einem Netzwerk aus Kollagenfasern und geladenen Molekülen beruht. Bei dem Verfahren wird eine speziell geformte Elektrode auf die Hornhaut gesetzt und mit einem milden Strom beaufschlagt. Dieser verändert lokal den pH-Wert, wodurch die Bindungen der Kollagenfasern kurzzeitig gelockert werden. Während dieser Phase nimmt die Hornhaut die Form der Elektrode an und stabilisiert sich beim Rückgang des Stroms in der neuen Gestalt. Im Unterschied zu LASIK werden keine Gewebeschichten entfernt, sondern lediglich molekulare Wechselwirkungen moduliert. Ein beteiligter Wissenschaftler erklärte, LASIK sei „letztlich nur eine ausgefeilte Form konventioneller Chirurgie“. EMR dagegen beruhe nicht auf Schnitten, sondern auf der gezielten Veränderung des chemischen Zustands lebenden Gewebes. Erste Ergebnisse im Tiermodell Die Methode wurde bislang an isolierten Kaninchenaugen getestet. In diesen Experimenten ließen sich Hornhäute innerhalb einer Minute so formen, dass eine Kurzsichtigkeit korrigiert worden wäre. Die Transparenz blieb erhalten, und die Zellen überstanden den Prozess unbeschadet. Bildgebende Verfahren zeigten eine intakte Kollagenarchitektur sowie stabile Gewebebrücken. Damit unterscheidet sich EMR deutlich von LASIK oder PRK, die durch Gewebeabtrag die biomechanischen Eigenschaften der Hornhaut verändern können. Die Forscher:innen sehen hierin einen zentralen Vorteil: EMR verändert die Brechkraft, ohne die grundlegende Struktur des Auges zu schwächen. Zudem ist der Eingriff nicht-invasiv und sehr schnell durchführbar. Auch unterschiedliche Formen von Fehlsichtigkeit könnten durch entsprechend geformte Elektroden adressiert werden. Studien an lebenden Tieren sollen die Machbarkeit klären Bislang handelt es sich um einen Machbarkeitsnachweis. Der nächste Schritt sind Untersuchungen an lebenden Tieren, um Sicherheit und Langzeitstabilität zu prüfen. Dabei wird sich zeigen, wie beständig die neue Krümmung unter den natürlichen Bedingungen des Auges bleibt. Auch die maximal mögliche Korrektur, die Reproduzierbarkeit bei unterschiedlichen Hornhauttypen und die Anwendung bei Vorerkrankungen müssen noch untersucht werden. Besonderes Interesse gilt der möglichen Behandlung von Hornhauttrübungen. Da EMR das Gewebe nicht zerstört, könnte die Methode in Einzelfällen sogar eine Alternative zu Transplantationen bieten. Langfristig wird sich das Verfahren an den Standards etablierter Methoden messen lassen müssen: Vorhersagbarkeit, Stabilität und Sicherheit. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass EMR kostengünstiger, schneller und schonender sein könnte. Ob daraus tatsächlich eine klinische Alternative wird, müssen die nächsten Jahre zeigen. Die beteiligten Wissenschaftler:innen sind vorsichtig optimistisch, dass sich mit EMR das Spektrum der refraktiven Chirurgie erweitern lässt. via American Chemical Society (via EurekAlert!) Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter