Blutspenden rettet Leben, aber trotz massiver Kampagnen des Roten Kreuzes und anderen Institutionen herrscht ein stetiger Mangel an Blutkonserven. Besonders seltene Blutgruppen sind benachteiligt, was den Vorrat an Blutkonserven angeht, aber auch der Vorrat an Blut der Blutgruppe 0-, das quasi jedem Menschen zugeführt werden kann und deshalb als Universalspenderblut gilt, ist begrenzt. Deshalb wird bereits seit Jahren an künstlichem Blut geforscht. Das Problem ist, dass aus Stammzellen nur eine begrenzte Anzahl roter Blutkörperchen gewonnen werden kann. Zumindest war das bisher so. Forscher der University of Bristol und NHS Blood and Transplant wollen das nun ändern. Sie haben eine Art „unsterblicher“ Stammzellen entwickelt, die sozusagen unendliche Vorräte roter Blutkörperchen herstellen können.


Foto: Thank you, anonymous donor., Brian, Flickr, CC BY-SA 2.0

Blutkonserven sind Mangelware

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden weltweit pro Jahr etwa 108 Millionen Blutspenden zur Verfügung gestellt. Dabei besteht aber ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Entwicklungs- und Industrieländern. Dieses Ungleichgewicht betrifft sowohl die Anzahl an spendewilligen Menschen als auch die Fähigkeit zur Lagerung und Überwachung der Blutkonserven. Um diese Problematik zu lösen, haben Wissenschaftler bereits eine Möglichkeit gefunden, rote Blutkörperchen aus Stammzellen zu gewinnen und so eine Lösung zu erarbeiten, die sowohl die Lagerung bei Zimmertemperatur erlaubt als auch das Risiko von verunreinigten Blutkonserven minimiert und an jede beliebige Blutgruppe angepasst werden kann.

Das Problem bei dieser Methode ist, dass die Stammzellen nur eine relativ geringe Menge roter Blutkörperchen herstellen könne, bevor sie ans Ende ihres Lebenszyklus kommen. Deshalb wird ein steter Nachschub von Stammzellen benötigt, was wiederum erneut zu einem Spenderproblem führt.


„Unsterbliche“ Stammzellen könnten die Lösung sein

Den Forschern aus Bristol gelang es, dieses Problem weitestgehend zu eliminieren. Bei der Herstellung von roten Blutkörperchen durch Stammzellen gibt es einen Zwischenschritt namens Erythroblasten – Vorläuferzellen der Blutkörperchen, die dann die Blutkörperchen selber herstellen. Dem Team gelang es, diese Erythroblasten sozusagen unsterblich zu machen, sodass diese fortlaufend rote Blutkörperchen produzieren können, ohne ersetzt werden zu müssen. Damit wäre es möglich, die Herstellung von artifiziellem Blut massiv zu verstärken und so die Lücken in der Versorgung mit Blutkonserven zu schließen.

Previous approaches to producing red blood cells have relied on various sources of stem cells which can only presently produce very limited quantities. By taking an alternative approach we have generated the first human immortalized adult erythroid line (Bristol Erythroid Line Adult or BEL-A), and in doing so, have demonstrated a feasible way to sustainably manufacture red cells for clinical use from in vitro culture„, so Jan Frayne, Hauptautor der Studie.

Erste klinische Studien sollen bereits dieses Jahr beginnen

Die Ergebnisse des Teams aus Bristol sind sehr vielversprechend. Allerdings warnen die Forscher, dass die Herstellung künstlichen Bluts mit dieser Methode in größerem Stil noch Jahre weit weg ist. Aktuell ist das Ziel, die vorhandenen Vorräte an Blutkonserven mit Hilfe der Methode zu ergänzen. Von einem Verzicht auf Blutspender sind wir noch weit entfernt. Die ersten Patienten, die das künstliche Blut der Forscher erhalten, werden wahrscheinlich solche mit extrem seltenen Blutgruppen oder mit chronischen Krankheiten sein. „The patients who stand to potentially benefit most are those with complex and life-limiting conditions like sickle cell disease and thalassemia, which can require multiple transfusions of well-matched blood. The intention is not to replace blood donation but provide specialist treatment for specific patient groups„, so Dave Anstee, Koautor der Studie.

Die ersten Studien mit menschlichen Patienten sind für Ende 2017 geplant. Abhängig von den Ergebnissen wollen die Forscher die Methode weiter testen und weiterentwickeln. Letztlich könnte es sich um den ersten Schritt in Richtung einer Welt sein, in der wir nicht mehr auf Blutspender angewiesen sind, sondern Blutkonserven weltweit in beliebiger Menge und für jede Blutgruppe herstellen können.

via New Atlas

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