Es wirkt wie eine Insel der Stabilität mitten in Europa: Während der gesamte Euroraum mit einer Inflationsrate von über sieben Prozent zu kämpfen hat, meldet die Schweiz einen Wert von 2,5 Prozent. Damit liegt das Land nur unmerklich über der Zielvorgabe von zwei Prozent. Doch wie ist das möglich? Denn grundsätzlich ist die Teuerung im Euroraum auf externe Effekte zurückzuführen. Dazu gehören stark steigende Energiepreise, gestörte Lieferketten, Probleme in der weltweiten Logistik sowie eine aufgestaute Nachfrage durch die Corona-Pandemie. Doch von all diesen Problemen ist natürlich auch die Schweiz betroffen. Sie profitiert hier aber von der eigenen Währung. Denn der Schweizer Franken hat in den letzten Jahren stark an Wert gewonnen. Weil viele Waren im internationalen Handel in US-Dollar gehandelt werden, verbilligt dies die Importe. Die starke Währung entfaltet somit eine inflationsmildernde Wirkung. Oder anders ausgedrückt: Auch in der Schweiz gibt es eine importierte Teuerung – die aber eben deutlich geringer ausfällt.


Eine starke Währung verbilligt Importe und verteuert Exporte

Ganz neu ist dieser Effekt nicht. Auch schon vor der Finanzkrise 2008 lag die Inflationsrate in der Schweiz niedriger als in den Nachbarländern. Die Schweizer Notenbank weiß dies auch und unternimmt daher nur selten Schritte, um die Aufwertung des Franken zu verlangsamen. Ganz ohne Nachteile ist eine so starke Währung allerdings auch nicht. Denn wenn Importe durch den Währungseffekt günstiger werden, gilt das genaue Gegenteil für Exporte. Produkte, die in der Schweiz hergestellt werden, sind dadurch auf dem Weltmarkt vergleichsweise teuer. Das Land kann sich dies aber offensichtlich leisten, weil die heimische Industrie vor allem hochwertige Waren herstellt, die nicht so preisintensiv sind. Dies ist aber nicht in allen Ländern der Fall. Viele Regierungen wünschen sich daher tendenziell eher eine schwache Währung, weil so die Exporte gefördert werden, was ein höheres Wirtschaftswachstum verspricht. So profitiert etwa die deutsche Export-Wirtschaft davon, dass der Euro deutlich schwächer ist als die Deutsche Mark in der Vergangenheit.


Der Schweizer Warenkorb umfasst keine Sozialabgaben

Allerdings kommt auch das Schweizer Erfolgsmodell mit einigen Einschränkungen daher. So sind etwa die Kosten für die Krankenversicherung nicht im Warenkorb enthalten, mit dessen Hilfe die Inflation berechnet wird. Hier aber steigen die Preise aktuell stark an. So sind die Abgaben in der Schweiz nicht an den Lohn gekoppelt, sondern jeder zahlt den gleichen Beitrag. Dieser wiederum soll im nächsten Jahr um fünf bis zehn Prozent ansteigen. Die Bürger hätten dadurch also deutlich weniger Geld in der Tasche, ohne dass sich dies in der offiziellen Teuerungsrate niederschlägt. Sollte die Inflation in der Schweiz allerdings auch allgemein stark ansteigen, hat die Notenbank noch ausreichend Spielraum für Zinserhöhungen. Denn aktuell liegt der Leitzins in der Schweiz bei -0,75 Prozent. Weltweit haben die Notenbanken hier allerdings – mit Ausnahme der EZB, die die Inflation weitgehend zu ignorieren scheint – bereits die Zügel angezogen. Die Schweiz konnte darauf bisher verzichten, schließt einen solchen Schritt für die Zukunft aber nicht aus.

Via: Der Standard

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