Künstliche Intelligenz bahnt sich unaufhaltsam ihren Weg in nahezu alle Bereiche des Lebens. Unternehmen, die in den sich immer rasanter entwickelnden Märkten zukunftsfähig bleiben möchten, dürfen sich dem digitalen Wandel nicht verschließen. Der Finanzsektor stand den Möglichkeiten der KI lange skeptisch gegenüber. Inzwischen zeichnet sich ein Trend ab, der künstliche Intelligenz in der kundenorientierten Finanzberatung langfristig etablieren könnte.


Moderne Technologien und automatisierte Prozesse prägen den digitalen Wandel. Die Künstliche Intelligenz als eine der jüngsten Schöpfungen unserer Zeit gehört zu den Entwicklungen, die mit der größten Spannung beobachtet werden. Die ifo-Konjunkturumfrage, die im August 2023 veröffentlicht wurde, zeigt, dass bereits 13,3 Prozent aller Unternehmen in Deutschland KI nutzen. Für 9,2 Prozent ist der zukünftige Einsatz bereits in Planung. Für 36,7 Prozent aller befragten Unternehmen ist die Implementierung von KI-Tools so interessant, dass sie sich aktiv mit möglichen Anwendungsbereichen auseinandersetzen.


Das Interesse an KI-gestützten Prozessen ist groß – die Skepsis gegenüber den Möglichkeiten, die sie eröffnen bleibt dennoch spürbar. Im Finanzsektor blieb künstliche Intelligenz lange ein Thema, dessen Potenzial zwar mit Interessen verfolgt wurde, der praktische Einsatz von KI-gesteuerten Tools nimmt aber erst seit kurzer Zeit Fahrt auf. So ergab eine aktuelle Umfrage in Dänemark unter 100.000 Beschäftigten aus 11 wirtschaftlich relevanten Branchen, dass Finanzberater am wenigsten auf die Möglichkeiten moderner KI-Technologie zurückgreifen. Ganz oben in der Liste der KI-affinen Branchen rangieren Software-Entwickler, gefolgt von Marketing-Spezialisten

Inzwischen ist eine wachsende Bedeutung von künstlicher Intelligenz für den Finanzsektor festzustellen. Mit der konsequenten Weiterentwicklung von intelligenten Technologien und ganzheitlichen Softwarelösungen eröffnen sich zunehmend Anknüpfungspunkte, die die Branche langfristig voranbringen und den Vollzug des digitalen Wandels maßgeblich unterstützen können. Hier wird der Chatbot in Zukunft zum Sparringpartner für Finanzberater und Versicherungsmakler.

Analysefähigkeiten von KI werden den Finanzsektor verändern

Ein Bereich, in dem KI-gestützte Prozesse schon heute für den Finanzsektor unverzichtbar sind, ist die Datenanalyse. Intelligente Systeme sind in der Lage, gewaltige Mengen an Kunden- und Branchendaten zu erfassen, nach Relevanz zu ordnen und zu analysieren.

Unter dem Fachbegriff Data-Science subsumieren sich komplexe Technologien, die die Erhebung und Auswertung von Daten auf ein völlig neues Level bringen. KI-gestützte Tools können eine große Menge an Daten von Kundinnen und Kunden sowie relevante Branchendaten in Echtzeit sammeln, auf der Basis festgelegter Parameter auswerten und Analyseergebnisse so aufbereiten, dass sie für weiterführende Dienstleistungen wie die Bearbeitung von Anträgen oder die Kundenberatung genutzt werden können.

Für Finanzdienstleister bedeutet das, dass sie für wesentliche Grundlagen ihrer Services, wie das Risikomanagement, Kreditvergabeverfahren und Investmententscheidungen auf eine repräsentative Datenlage mit aktueller Relevanz zugreifen können. Mit der Unterstützung durch KI-Tools kann nicht nur eine weitaus größere Datenmenge analysiert werden, die intelligenten Systeme sind aufgrund ihrer komplexen und lernfähigen Algorithmen auch weniger fehleranfällig als andere Softwarelösungen zur Datenanalyse und schaffen damit einen veritablen Mehrwert für viele Teilprozesse im weiten Feld der Finanzberatung.

KI-basierte Analysetools in der Bearbeitung von Kreditanfragen

Der Einsatz von KI-Tools ermöglicht es Finanzdienstleistern, Finanzstrategien auf der Basis einer aussagekräftigen Datenanalyse zu bewerten und auch komplexe Finanzpläne und die daraus resultierenden Szenarien zu simulieren. Das ist insbesondere in der Bearbeitung von Kreditanfragen von Relevanz.

Anfragen, die häufig an Finanzdienstleister herangetragen werden, beschäftigen sich mit dem Modell der Umschuldung. Stehen Kundinnen und Kunden bei mehreren Gläubigern in der Zahlungspflicht und möchten durch eine Umschuldung die monatlichen Raten senken, kann eine KI-gestützte Analyse der Finanzsituation eine Prognose stützen, mit der Finanzdienstleister eine Entscheidung im Vergabeverfahren treffen und dem Kunden ein Angebot mit einem maßgeschneiderten Rückzahlungsplan unterbreiten können.

Auch bei der Auswertung relevanter Informationen zur Bonität in Kreditvergabeverfahren können KI-Tools einen wertvollen Beitrag leisten. Sie können gleichzeitig und in Echtzeit wichtige Daten von externen Stellen wie der Schufa oder anderen Auskunfteien einholen und diese mit den übrigen Informationen abgleichen, die dem Finanzdienstleister zur Finanzsituation eines Antragstellers zur Verfügung stehen. Auf dieser Basis kann eine Risikoeinstufung erfolgen, die nicht nur die Entscheidung für oder gegen die Gewährung eines Kredites begründet, sondern auch einen wirtschaftlich und im Hinblick auf das Ausfallrisiko vertretbaren Kreditrahmen und einen geeigneten Rückzahlungsplan erstellen.

In der Bearbeitung von Kreditanfragen wird künstliche Intelligenz im Finanzsektor von morgen einen großen Stellenwert einnehmen. Durch die umfassende und präzise Analyse von wirtschaftlichen Ausgangssituationen lassen sich verlässliche Rückzahlungsszenarien erstellen, die Finanzdienstleister in die Lage versetzen, Kreditvergaben auf ein solides Risikomanagement aufzubauen und gleichzeitig noch passgenauere Kreditangebote für ihre Kunden zu entwickeln, deren Rückzahlungspläne und Vertragskonditionen optimal auf die individuelle Finanzsituation abgestimmt sind.

Der Chatbot als Investmentberater

Ein wesentliches Einsatzgebiet von künstlicher Intelligenz im Finanzsektor wird der Investmentbereich sein. Bereits jetzt unterstützen KI-Tools Investmentberater dabei, individuelle Anlageportfolios für ihre Klientel zu entwickeln. Durch die umfangreichen Möglichkeiten der Datenanalyse können Chatbots das Investmentverhalten und die Summe wirtschaftlicher Entscheidungen einzelner Anleger in ein Portfolio überführen, das optimal an die Erwartungen angepasst ist.

Dass KI-Tools es in Investmentfragen durchaus mit lebendigen Investmentberatern aufnehmen können, hat jüngst eine Studie der TU Dresden gezeigt. Ein Forscherteam um Professor Lars Hornuf hat gemeinsam mit Wissenschaftlern der KU Eichstätt-Ingolstadt und der Hochschule Bremen die sprachbasierte KI ChatGPT-4 auf ihre Fähigkeiten hin getestet, sinnvolle Investmentportfolios für reale Szenarien zu erstellen. Dabei ließen die Wissenschaftler die KI-Software nach denselben Vorgaben erstellen, auf die sich auch Finanzberatungsunternehmen stützen können.

Die Studie versorgte das KI-Tool mit Informationen zu 48 beispielhaften Anlegerprofilen und ließ Investmentportfolios für Finanzkunden erstellen, die aufgrund von geringem Hintergrundwissen eher passive Anlagestrategien verfolgen. Im Vergleich dazu erstellten auch renommierte Finanzberater entsprechende Vorschläge. Das Ergebnis der Studie zeigte, dass die Analyse des KI-Tools Vorschläge für Investmentportfolios entwickelt, die mit denen erfahrener Investmentberater mithalten können.

Neben der Datenanalyse als Entscheidungsgrundlage, die die künstliche Intelligenz zu ähnlichen Investmentergebnissen kommen lässt wie die Berater, sieht Professor Hornuf bei den KI-Tools einen entscheidenden Vorteil: „Finanzberater unterliegen häufig Interessenkonflikten und empfehlen Produkte, an denen sie mehr verdienen“, erklärt der Wissenschaftler im Rahmen der Präsentation seiner Ergebnisse. „Das sind aber nicht zwangsläufig die besten Produkte für ihre Kundinnen und Kunden.“

Die Unterstützung durch künstliche Intelligenz könnte im Investmentbereich künftig zu einer weniger verzerrten Finanzberatung beitragen und damit einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert für Anleger generieren. Die umfangreichen Analysemöglichkeiten einer KI-gestützten Beratung können insbesondere für Anlegerinnen und Anleger interessant sein, die aufgrund von eher oberflächlichem Hintergrundwissen nicht über eine ausreichende Grundlage für ihre Investmententscheidungen verfügen.

Studien zeigen: Kunden vertrauen weiterhin auf menschliche Beratung

Dem Nutzen auf Seiten der Finanzdienstleister im Hinblick auf zeit- und kosteneffizientes Arbeiten, innovative Beratungsmodelle und ein hoch effizientes Risikomanagement stehen die Erwartungen von Kundinnen und Kunden an eine zeitgemäße und zukunftsweisende Finanzberatung gegenüber.

Obwohl KI-Lösungen wie ChatGPT immer größere Akzeptanz erlangen, zeigen sich Verbraucherinnen und Verbraucher im Hinblick auf Finanzdienstleistungen bislang eher skeptisch gegenüber den Vorteilen, die künstliche Intelligenz in der Beratung und Vermittlung von Finanzprodukten im weitesten Sinne zu bieten hat. Wie eine aktuelle Studie im Auftrag der Teambank zeigt, sind mehr als 50 Prozent der Kundinnen und Kunden von Finanzdienstleistern nicht überzeugt davon, dass Chatbots und KI-Programme ihnen eine kompetente Beratung anbieten können. In der Altersgruppe über 50 gaben sogar zwei Drittel der Befragten an, sich in Finanzfragen lieber von einem Menschen beraten zu lassen.

Wie die Studie zeigt, variiert das Vertrauen in KI-Technologien stark im Zusammenhang mit der Komplexität der Finanzthemen, die in der Beratung aufgegriffen werden sollen. Während bei Entscheidungen von eher geringer Tragweite, wie dem regelmäßig wiederkehrenden Wechsel der Kfz-Versicherung, grundlegende Beratungsdienstleistungen durch künstliche Intelligenz als praktisch empfunden werden, vertrauen Verbraucherinnen und Verbraucher bei wichtigen und komplexen Fragen hinsichtlich ihrer Vermögensplanung und ihrer Finanzvorsorge vor allem auf die persönliche Beratung durch die Mitarbeitenden der Finanzdienstleister. Aspekte wie Empathie und die persönliche Erfahrung, die in eine realistische Einschätzung der individuellen Lebenssituation von Kundinnen und Kunden ermöglicht, sind auf Verbraucherseite unvermindert relevant und können von künstlicher Intelligenz nicht oder in nicht ausreichendem Maße nachgeahmt werden.

Zu den wichtigsten Faktoren für das Festhalten an einer klassischen persönlichen Beratung gehören der persönliche Kontakt, die Möglichkeit, im Gespräch alle relevanten Fragen direkt stellen zu können, das Vertrauen darin, dass menschliche Beraterinnen und Berater die individuellen Aspekte wichtiger Finanzentscheidungen besser berücksichtigen können und die Möglichkeit, für spätere Rückfragen oder Reklamationen einen persönlichen Ansprechpartner zu haben.

Das Stimmungsbarometer, das die zitierte Umfrage und andere Erhebungen präsentieren, deutet darauf hin, dass KI-Lösungen die Zukunft des Finanzsektors zwar durchaus prägen werden, Finanzdienstleister aber auch langfristig eine Kombination aus computergestützten Services und persönlicher Beratung nutzen müssen, um den Anforderungen ihrer Kundinnen und Kunden zu entsprechen.

Kooperation zwischen Mensch und Maschine wird die Zukunft der Finanzbranche prägen

KI-gestützte Technologien sind einer der prägendsten Trends der Zukunft. Das Potenzial, das künstliche Intelligenz auch für den Finanzsektor birgt, bei Entwicklungsplanungen außen vor zu lassen, wäre fatal.

Gleichzeitig lassen Trendstudien erwarten, dass Verbraucherinnen und Verbraucher insbesondere komplexe Entscheidungen rund um ihre persönliche Finanzplanung langfristig nicht ausschließlich den Möglichkeiten von KI-Tools überantworten werden. Der persönliche Kontakt zum Berater und die individuelle Suche nach maßgeschneiderten Finanzlösungen werden auch in Zukunft einen hohen Stellenwert im Finanzsektor behalten.

Für die Branche bedeutet das, dass der Weg in die Zukunft von einer Kooperation zwischen Mensch und Maschine geprägt sein wird. Insbesondere die analytischen Fähigkeiten von KI-Lösungen können die Qualität von Finanzdienstleistungen nachhaltig verbessern und neben einem zeit- und kosteneffizienten Wirtschaften auch das Risikomanagement von Finanzdienstleistern positiv beeinflussen.

Durch die Übernahme von wenig komplexen, aber zeitraubenden Routineaufgaben wie der Verwaltung von Kundendaten, der Bearbeitung von Freistellungsaufträgen und anderen organisatorischen Tätigkeiten können KI-Tools freie Kapazitäten schaffen, die in die Qualitätssteigerung für die persönliche Beratung einfließen können. Auf der Grundlage von KI-generierten Analysen und Vorschlägen können sich Finanzberater künftig noch gezielter auf die Entwicklung maßgeschneiderter Finanzdienstleistungen für ihre Kundinnen und Kunden konzentrieren und dort anknüpfen, wo der Wunsch der Verbraucherinnen und Verbraucher nach persönlicher Beratung einsetzt. KI-Tools können eine Vorauswahl an Finanzprodukten und Lösungen treffen, die für den Kunden relevant sein können, und so eine Beratungsgrundlage für den persönlichen Gesprächstermin generieren. Im Gespräch im Rahmen einer Kreditvergabe kann die KI-gestützte Datenanalyse in Echtzeit eine repräsentative Risikoeinschätzung liefern und Berater dadurch in die Lage versetzen, eine belastbare Aussage zum Vergabeverfahren zu treffen. So kann die künstliche Intelligenz die Funktion einer persönlichen Assistenz für Finanzberater übernehmen und sowohl auf Anbieter- als auch auf Kundenseite einen Mehrwert schaffen.

Eine gelungene Verzahnung zwischen intelligenten KI-Lösungen und den klassischen Stärken der Finanzdienstleister in der Beratung wird die Branche stark für die Zukunft machen und das Potenzial des digitalen Wandels optimal ausschöpfen.

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