Insulin als medizinisches Produkt wurde im Jahr 1921 entdeckt. Die Folgen waren gewaltig: Zuvor hatten Patienten, bei denen Diabetes-Typ-1 diagnostiziert wurde, lediglich eine Lebenserwartung von weniger als drei Jahren. Nun aber konnten Ärzte den Blutzuckerspiegel gezielt kontrollieren und so die Krankheit in den Griff kriegen. Weil sie um diese Bedeutung wussten, verkauften die vier Entdecker – Frederick Banting, James Collip, John Macleod und Charles Best – ihr Patent für nur einen Dollar an die University of Toronto. Dadurch sollte eine möglichst große Verbreitung sichergestellt werden. Spult man nun aber rund einhundert Jahre vor, wird deutlich: So ganz hat dies zumindest in den Vereinigten Staaten nicht geklappt. Denn dort wird der Insulin-Markt von lediglich drei großen Pharmafirmen kontrolliert. Die Folge: Das Produkt, das in der Herstellung kaum zehn Dollar kostet, wird teilweise für dreistellige Beträge vermarktet. In den letzten zwanzig Jahren wurde zudem ein Preisanstieg um 2.000 Prozent verzeichnet – was deutlich über der Inflationsrate liegt.


Der Wettbewerb funktioniert aus verschiedenen Gründen nicht richtig

Verantwortlich dafür sind eine Reihe an Faktoren. Zum einen ist das ursprüngliche Patent zwar längst abgelaufen. Durch echte und vermeintliche Innovationen versuchen die Pharmakonzerne aber immer neue Schutzrechte zu erhalten. Dies erschwert den Wettbewerb. Denn normalerweise erhalten Firmen, die neue Medikamente entwickeln, das Monopol nur für einen gewissen Zeitraum. Anschließend darf jeder Wettbewerber eigene Varianten auf den Markt bringen. In der Regel sorgt dies für stark fallende Preise. Ein potenzieller neuer Anbieter von Insulin müsste aber zunächst einmal viel Geld investieren. Zum einen um die patentrechtlichen Fragen zu klären. Zusätzlich aber auch um die entsprechenden Produktionsstätten aufzubauen. Denn Insulin wird von den amerikanischen Behörden als Biopharmazeutika eingestuft. Hier sind die Auflagen und Vorschriften für die Herstellung deutlich strenger als bei normalen Medikamenten. Gleichzeitig besteht stets die Gefahr, dass die Pharmakonzerne ihre Preise stark reduzieren, sobald ein Wettbewerber eigene Produkte auf den Markt bringt.


Kalifornien will 100 Millionen Dollar investieren

Dank der inzwischen gut gefüllten Taschen könnten sie einen solchen Preiswettbewerb wohl länger durchhalten. Die US-Regierung versucht mittlerweile das Oligopol der Konzerne auf dem Klageweg zu brechen. Dies aber nimmt viel Zeit in Anspruch. Der Bundesstaat Kalifornien hat deswegen entschieden, selbst in die Produktion von Insulin einzusteigen. Dafür wurden insgesamt 100 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt. Dieses Geld soll jeweils hälftig in eine kurzfristige und eine langfristige Lösung investiert werden. Für die kommenden Jahre ist angedacht, dass der Staat direkt Aufträge an neue Marktteilnehmer verteilt. Diese bekommen so Planungssicherheit und können die Produktion starten. Später einmal will Kalifornien dann auch selbst Insulin herstellen ohne dabei eine Gewinnabsicht zu haben. Im Idealfall würden die Pharmakonzerne so gezwungen, ihre Preise stark zu senken oder echte Innovationen mit klarem Mehrwert für die Patienten zu entwickeln. Das Experiment in Kalifornien dürfte daher auch von anderen US-Bundesstaaten mit Interesse verfolgt werden.

Via: Vox

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