Jahr für Jahr fallen weltweit etwa 62 Millionen Tonnen Elektroschrott an. Diese Schrottmengen sind en echtes Problem. Forscher:innen rund um Huber Flores und Ulrich Norbisrath von der Universität Tart in Estland haben nun einen Ansatz entwickelt, wie sich Teile des Elektroschrott sinnvoll nutzen lassen könnte, und zwar als Ressource für smarte Städte und den Meeresschutz.


Allein in Deutschland lagern etwa 200 Millionen alte Smartphones (Symbolbild).

Aus alt mach (quasi) neu

Der Ansatz der Forscher:innen ist, die Lebensdauer ausgedienter Smartphones und wandeln diese in funktionale „Mikro-Rechenzentren“ um. Wirklich interessant sind dabei vor allem die Kosten: Pro Smartphone veranschlagt das Team acht Euro.

Für einen ersten Prototyp haben die Forscher:innen den Akku eines alten Smartphones entfernt, um auszuschließen, das Chemikalien austreten können. Dann versahen sie das Gerät mit einer externen Stromversorgung und verbanden vier so vorbereitete Smartphones in einem Gehäuse, das in einem 3D-Druckverfahren hergestellt wurde, zu einem Cluster.


So entsteht ein kleiner, dezentraler Serverknoten. Der Ansatz ist somit ein praxisnahes Beispiel für das sogenannte Edge-Computing, ein Verfahren, bei dem Daten nicht erst zu einer zentralen Cloud geschickt, sondern stattdessen direkt vor Ort verarbeitet werden.

Potentiell kann der Ansatz der Forscher:innen die Kreislaufwirtschaft maßgeblich unterstützen. In Deutschland lagern laut dem Branchenverband Bitkom fast 200 Millionen nicht genutzte Althandys.

Erste Tests verliefen erfolgreich

In einem ersten Feldversuch stellte das Team dann die Praxistauglichkeit seines Konzepts auf die Probe. Der Test fand unter Wasser statt, und das System half bei der Zählung und Identifizierung von Meereslebewesen, eine Aufgabe, die normalerweise die aufwendige Analyse von Videoaufnahmen an Land erfordert. Stattdessen konnte der Prototyp dies direkt vor Ort automatisiert erledigen.

Derartige Mikro-Rechenzentren haben auch einen breiten potentiellen Anwendungsbereich im urbanen Raum. Sie könnten etwa die Zahl von Passagier:innen an Bushaltestellen erfassen und so zur Optimierung des Nahverkehrs beitragen. „Innovation beginnt oft nicht mit etwas Neuem, sondern mit einer neuen Denkweise über das Alte„, so Huber Flores.

Vielversprechender Ansatz mit Herausforderungen

Allerdings handelt es sich bei der Idee nicht um eine Universallösung, und es müssen noch praktische Herausforderungen wie etwa die Gewährleistung einer stabilen Stromversorgung und das Wärmemanagement im Dauerbetrieb gemeistert werden. Außerdem müssen die Knotenpunkte noch gegen physische und digitale Angriffe abgesichert werden.

Hinzu kommt, dass die Software-Verwaltung eines solchen Systems komplex ist, vor allem dann, wenn in dem Cluster unterschiedliche Smartphone-Modelle zum Einsatz kommen. Single-Board-Computer wie etwa der Raspberry pi bieten eine homogenere und offenere Plattform. Der Ansatz der Forscher:innen aus Estland zeigt indes, das in vermeintlichem Elektroschrott viel Potenzial für nachhaltige und kostengünstige Anwendungen steckt.

Quelle: Estonian Research Council via ScienceDaily

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