In Taiwan spielt sich aktuell ein kleines Wunder ab. Denn die Insel liegt unmittelbar vor dem chinesischen Festland. Die wirtschaftliche Verflechtung mit dem Reich der Mitte ist zudem sehr groß. Dementsprechend viele Menschen pendeln auch zwischen China und Taiwan. Als sich das Coronavirus nun in China mehr oder weniger unkontrolliert ausbreitete, erwarteten viele Experten eine ähnliche Entwicklung auch in Taiwan. Doch dort gibt es bisher nur wenige hundert Fälle von Covid-19 zu verzeichnen. Forscher bringen dies unter anderem mit dem dort herrschenden Modell der „radikalen Transparenz“ in Verbindung, bei dem versucht wird, die Nutzung von möglichst vielen Daten mit den persönlichen Rechten der Bürger in Einklang zu bringen. So wurde in Taiwan unter anderem das Covid-19-Location-History-Tool entwickelt. Dort kann jeder sehen, ob er in letzter Zeit in einem Gebiet war, in dem eine Ansteckungsgefahr bestand.


Die Standortdaten werden nicht laufend übermittelt

Hundertprozentig lassen sich die in Taiwan gemachten Erfahrungen aber natürlich nicht auf Deutschland übertragen. Denn es handelt sich um eine kleine Insel, bei dem die meisten Besucher über nur einen Flughafen einreisen. Zumindest bei der Nutzung von Daten geht man auch hierzulande nun aber einen Schritt weiter. Das Robert-Koch-Institut hat eine App vorgestellt, die um eine Datenspende der Bürger bittet. Konkret können Daten, die von Fitness-Armbändern und ähnlichen Tracking-Apps erfasst werden, nun anonym übermittelt werden. Lediglich einmalig ist die Angabe der Postleitzahl erforderlich. Anschließend kann ein eigens entwickelter Algorithmus anhand der übermittelten Gesundheitsdaten die Wahrscheinlichkeit einer Covid-19-Erkrankung prognostizieren. Auf diese Weise lässt sich dann beispielsweise die Dunkelziffer der Erkrankungen besser einschätzen. Außerdem soll im besten Fall eine interaktive Karte entstehen, auf der Risikogebiete besonders leicht zu erkennen sind.


Eine fünfstellige Zahl an Nutzern wird mindestens benötigt

Eine Zuordnung der übermittelten Daten zu einzelnen Personen wird hingegen nicht stattfinden. Die App warnt den Nutzer also auch nicht, wenn die Gesundheitsdaten auf eine Infektion hindeuten. Es geht ausschließlich darum, auf der Makro-Ebene neue Erkenntnisse zu gewinnen. Dementsprechend wird der Ansatz auch nur funktionieren, wenn ausreichend Menschen zur Datenspende bereit sind. Das Robert-Koch-Institut ist daher bemüht, die App auf so vielen Plattformen wie möglich verfügbar zu machen. So sollen zeitnah beispielsweise auch Smartwatches von Samsung und Huawei genutzt werden. Alles in allem werden zwischen 10.000 und 100.000 Datenspender benötigt, um eine sinnvolle Auswertung zu ermöglichen. Zumindest zu Beginn war das Interesse in Deutschland extrem groß: Aufgrund der vielen Abfragen kam es zu technischen Problemen. In einem Punkt ist man von der „radikalen Transparenz“ aus Taiwan allerdings noch weit entfernt: Die App ist nicht quelloffen. Zumindest wurde sie aber vom „Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit“ geprüft.

Via: Robert-Koch-Institut

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