In diesem Jahr werden weltweit etwa 1,6 Milliarden Tonnen Stahl hergestellt. Dieser kommt nahezu überall zur Verwendung – vom Autobau zum Bau von Hochhäusern. Auf die Umwelt bezogen kostet uns die Stahlproduktion aber eine ganze Menge: 5 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen kommen aus der Stahlindustrie. Deshalb arbeiten weltweit Forscher daran, umweltfreundlichere Alternativen für die Produktion zu finden. So etwa ein US-Startup namens Boston Metal, dass einen „grüneren“ Prozess zur Stahlherstellung entwickelt hat und nun beweisen will, dass dieser auch industriell skalierbar ist.


Stahl als CO2-Schleuder

Bei der am weitesten verbreiteten Art der Eisenproduktion im Hochofen wird das Eisenoxid gemeinsam mit Koks, einem Brennstoff, der aus Kohle gewonnen wird, bei hohen Temperaturen geschmolzen. Durch die Hitze wird das Koks zu Kohlenstoffmonoxid,, das dem Eisenerz dann Sauerstoff entzieht. Dabei entsteht Kohlenstoffdioxid als Nebenprodukt. Dieser Schritt sowie weitere Schritte in der Veredelung von Eisen zu Stahl pumpen insgesamt 1,7 Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre – und das jedes Jahr. Dies entspricht etwa 5 Prozent der globalen CO2-Emissionen. Und dabei sind die Brennstoffe, die benötigt werden, um die Öfen selber zu betreiben, noch gar nicht eingerechnet.


Stahl ist für Menschen jedoch ein wichtiger Rohstoff, auf den nicht verzichtet werden kann. Da ein umweltfreundlicher Ersatzstoff vorerst noch nicht in Aussicht ist, wird die Menschheit vorerst versuchen müssen, die Produktion von Stahl weniger umweltschädigend zu gestalten.

Stahlproduktion mit einer elektrolytischen Zelle

Der Chemiker Donald Sadoway vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) begann bereits in der Mitte der 2000er, mehr oder weniger ohne sein Wissen, an so einer Methode zu arbeiten. Damals hatte die NASA einen Preis ausgeschrieben für die Entwicklung einer Methode, mit der der Mondoberfläche Sauerstoff entzogen werden kann. Sadoway schlug vor, mit einer elektrolytischen Zelle, die elektrische Spannung erzeugt, um Stoffe aufzubrechen, Sauerstoff aus dem Mondgestein zu extrahieren. Dabei würde geschmolzenes Metall als Nebenprodukt entstehen – eine Erkenntnis, die Sadoway dazu brachte, zu untersuchen, ob dies auch für die Produktion von Metallen auf der Erde verwendbar wäre. Um die Idee für die Produktion von Stahl verwenden zu können, musste Sadoway allerdings erst eine neue Anode für die Zelle entwickeln.

Aus der Forschung von Sadoway ging dann das Startup Boston Electrometallurgical hervor, was später zu Boston Metal wurde. Bisher bekam das Unternehmen 13 Millionen US-Dollar von Investoren.

Boston Metal will die Stahlindustrie zum Umdenken bringen

Boston Metal konnte das neue Verfahren zwischenzeitlich weitestgehend ausarbeiten. Nun steht der Praxiseinsatz an, vor allem auch, um der teils doch recht änderungsresistenten Stahlindustrie zu zeigen, dass es auch anders geht. Dazu soll in den nächsten Jahren ein Demo-Werk in der Nähe von Boston geschaffen werden, in dem gezeigt werden soll, dass das Verfahren industriell skalierbar ist. Ob Boston Metal dann selber Stahl produzieren oder die Technologie lizensieren will, ist noch unklar.

Und auch wenn die Methode skalierbar ist und gut funktioniert, würde ein wirklicher Wechsel wahrscheinlich Jahrzehnte dauern. Weltweit sind große Mittel in der Stahlindustrie gebunden, und solange ein neues Verfahren nicht spürbar günstiger ist, gibt es wenig Motivation zum Wechseln. Außerdem gibt Boston Metal selber zu, dass es noch mehrere Faktoren gibt, die an dem Verfahren noch ausgearbeitet werden müssen. Tadeu Carneiro, der CEO von Boston Metal, ist indes überzeugt, dass die Technologie des Unternehmens letztendlich deutlich günstiger ist als traditionelle Stahlherstellung und die Stahlindustrie letztlich auch überzeugt werden kann.

via MIT Technology Review

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