In den 1980er Jahren, bevor HIV-Screenings zum Standard wurden, ereignete sich in Australien eine kleine Tragödie: Aufgrund eines HIV-Infizierten Blutspenders wurden einige Patienten, die Blutspenden erhielten, zum Träger des HI-Virus. Zu einer Zeit, in der die Behandlung von HIV und Aids noch in den Kinderschuhen steckte ein Todesurteil, möchte man meinen. Mitnichten. Heute, mehr als 30 Jahre später, hat die Hälfte dieser Patienten keine erkennbare Virusreplikation im Blut, die anderen zeigen Replikationsraten, die für einen Ausbruch von Aids nicht ausreichen. Zwei neue Studien haben einen entscheidenden Beitrag zur Auflösung dieses ungewöhnlichen Phänomen geleistet.


HIV-infizierte T-Zelle
Eine mit HIV infizierte T-Zelle. Foto: HIV-ingected H9 T cell, NIAID, Flickr, CC BY-SA 2.0

Nef: HIV-Schlüsselprotein

Der betreffende Spender und die Patienten, die eine Bluttransfusion mit dem kontaminierten Blut erhielten, waren bzw. sind mit einer Variante des Virus infiziert, dem ein Protein namens Nef fehlt. Früher ging man davon aus, dass Nef die Virusreplikation hindere. Daher auch der Name “Negative Factor”. Heute jedoch weiß die Wissenschaft, dass Nef sowohl für eine effiziente Virusreplikation als auch für das Infektionspotential des Virus verantwortlich ist. Ein HI-Virus ohne Nef wirkt normal und kann aus den infizierten Zellen ausbrechen, aber ihm fehlt die Fähigkeit, seinerseits neue Zellen zu infizieren. Interessanterweise trifft dieser Zustand allerdings nicht auf alle infizierten Zellen zu, einige von ihnen produzieren also HI-Viren, die wie gesunde Viren andere Zellen infizieren können. “We noticed that this effect was very much dependent on what cell type was used to generate HIV. Some cells don’t care about the presence or absence of Nef and would generate infectious viruses anyway”, so Massimo Pizzatod, der Hauptautor einer der Studien.

Zwei neue Moleküle im Kampf gegen HIV

Pizzatos Team untersuchte daher die Genstruktur der Zellen, die “verkrüppelte” HI-Viren produzierten und verglichen sie mit der Genstruktur von Zellen, die gesunde HI-Viren ausstießen. Diese Vorgehensweise führte die Forscher zu zwei Membran-Proteinen namens SERINC3 und SERINC5, die in Abwesenheit von Nef scheinbar die Infektionsrate des HI-Virus verringern können.


Scheinbar nehmen die HI-Viren beim Durchbrechen der Membran der Host-Zelle Teile derselben und damit auch Anteile der beiden inhibitorischen Proteine mit sich. Das Net-Protein kann den Effekt der beiden Proteine auf den Virus unterdrücken, aber wenn es nicht vorhanden ist, dann ist der Virus schutzlos.

Genauer Mechanismus nicht bekannt

Die zweite Studie stieß interessanterweise auf dieselben Proteine, die entdeckt wurden, als die Wissenschaftler die Proteinstruktur gesunder HI-Viren mit der von Viren verglichen, die kein Nef enthielten. In einer Gegenprobe deaktivierten die Forscher bei einer Zellgruppe die beiden Membran-Proteine. Infolgedessen waren die Zellen auch anfällig für HI-Viren ohne Nef.

Was also genau ist es, das den beiden unscheinbaren Proteinen SERINC3 und SERINC5 so viel Macht über den HI-Virus gibt? Eine gute Frage, die keine der beiden Studien wirklich beantworten kann. Heinrich Göttlinger, der Hauptautor der zweiten Studie, vermutet, dass die beiden Proteine den Durchbruch des HI-Virus durch die Membran einer neue Zelle erschweren, indem bestimmte Oberflächenproteine des Virus gehemmt werden. Pizzato dagegen hat eine andere Vermutung: Er ist der Meinung, die Membran-Proteine hindern den HI-Virus daran, seinen Inhalt in eine Zelle zu injizieren.

Ob die Ergebnisse etwas zum Kampf gegen den HI-Virus beitragen können, wird sich allerdings noch zeigen müssen.

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