Eis, das sich bei feuchter Luft und Temperaturen von weniger als Null Grad Celsius an den Rotorblättern von Windenergieanlagen bildet, sorgt für eine Unwucht, die zum Verschleiß von Anlagenteilen und im Extremfall zum Abschalten führt. Beides kostet den Betreiber Geld, oft sogar viel Geld. Sie können sich mit beheizten Flügeln wehren, doch die sind viel teurer als unbeheizte. Sie können vorsorglich die gefährdeten Generatoren abschalten oder Hubschrauber losschicken, die die Rotorblätter enteist. Beides geht wieder massiv ins Geld.


Bild: Fraunhofer IFAM

„TURBO“-Schutz für mehrere Wochen

Forscher an den Fraunhofer-Instituten für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart und für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) in Bremen haben jetzt eine preiswerte Lösung gefunden. Sie lassen die Flügel von Drohnen vor dem Vereisen schützen. „TURBO – Temporäre Beschichtung mittels Drohnen“ nennen sie das Verfahren.

Die Basisarbeit leisteten IFAM-Forscher. Sie entwickelten ein Beschichtungsmaterial aus Harnstoff und Wachs, das umweltverträglich ist und gut haftet. Es lässt sich wie das Spray, mit dem Graffiti auf unschuldige Wände appliziert werden, auf die Flügel sprühen. Dort bindet es schnell ab und schützt mehrere Wochen lang vor Eisbildung. Die Schicht ist hauchdünn, sodass praktisch kein zusätzliches Gewicht bewegt werden muss. Das zeigten die Forscher in Bremen bei Tests in ihrer Eiskammer.


Winzige Tröpfchen schießen aus der Lanzenspitze

Die IPA-Kollegen rüsteten eine Drohne für die ungewöhnliche Arbeit um. Der Applikator besteht aus einer kleinen Pumpe, die das flüssige Harnstoff-Wachs-Gemisch mit hohem Druck in eine lange, dünne Lanze presst. An deren Spitze befindet sich eine Düse mit einem Durchmesser von nur 0,3 Millimetern. Daraus schießen Tröpfchen mit 100 Mikrometern Durchmesser heraus, die sogar bei Wind von 35 Stundenkilometern punktgenau auf die Kanten der Rotorblätter gespritzt werden, wo sie erstarren. Die Kanten sind besonders wichtig, denn hier beginnt der Vereisungsprozess, wenn nasse kalte Luft auf die Anlage trifft. Die Drohne wird so gesteuert, dass sie die Flügelkante aus kurzem Abstand besprüht, sodass nur wenig Vereisungsschutz verlorengeht.

Auch die Bahn könnte die Drohne nutzen

Im nächsten Schritt wollen die Forscher gemeinsam mit der Industrie das Gerät zur Serienreife bringen. Es kann für eine Vielzahl von Anwendungen eingesetzt werden. Das Spektrum reicht vom Vereisungsschutz für Windkraftanlagen und Oberleitungen im Bahnverkehr bis zur Sanierung von Gebäuden, beispielsweise für das Ausbessern von Defekten im Verputz an schwer zugänglichen Stellen.

via Fraunhofer

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