Kernfusion wird als Energiequelle der Zukunft gehandelt. Welcher Reaktortyp letztlich das Rennen machen wird, ist allerdings komplett unklar. Die Laserfusion konnte zwar eine Zündung des Fusionsplasmas erreichen, ist aber nur in der Lage, winzige Brennstoffmengen simultan umzusetzen. Die sogenannten Magneteinschluss-Reaktoren nach dem Tokamak-Prinzip, zu denen auch der Großreaktor ITER gehört, sind in der Lage, große Plasmamengen zu erhitzen und hohe Leistungen zu erreichen, können die Reaktion aber nur wenige Sekunden aufrecht erhalten. Magneteinschluss-Reaktoren vom Stellarator-Typ können theoretisch dauerhaft betrieben werden, sind allerdings extrem kompliziert. Der Testreaktor Wendelstein 7-X in Greifswald ist ein solcher Stellarator und hat kürzlich einen neuen Höchstwert für Temperatur, Brenndauer und Dichte des Fusionsplasma erreicht. Man spricht dabei vom sogenannten Tripelprodukt. Das Wasserstoffplasma im Inneren des Reaktors wurde auf bis zu 30 Millionen Grad erhitzt und der Zustand maximaler Energie 43 Sekunden lang aufrecht erhalten. Es handelt sich um einen neuen Weltrekord für Fusionsreaktoren bei langer Plasmaentladung. Der Wendelstein7-X während der Konstruktion im Jahr 2012. By Abteilung Öffentlichkeitsarbeit (Max-Planck Institut für Plasmaphysik) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons Weltrekord bei langer Plasmaentladung Da Stellaratoren extrem komplex sind, ist ihre Entwicklung weniger weit als die der Tokamak-Reaktoren. Dennoch gelten sie als vielversprechende Option für Fusionsreaktoren. Der Wendelstein 7-X in Greifswald konnte in den letzten Jahren mehrere Rekorde erzielen, etwa 2023 für den Energieumsatz des Plasmas. In der gerade abgeschlossenen Experimentkampagne des Wendelstein 7-X konnte die Testanlage einen neuen Weltrekord für das Tripelprodukt bei langen Plasmaentladungen erreichen. Beim sogenannten Tripelprodukt handelt es sich um die zentrale Erfolgsgröße in einem Fusionsreaktor. Ab einer bestimmten Schwelle erzeugt der Reaktor mehr Energie als für das Aufrechterhalten der Fusion benötigt wird, wodurch diese sich dann selbst tragen kann. Diese Schwelle ergibt sich aus der Kombination von Temperatur der Ionen im Plasma, der Zeit, in der das Fusionsplasma seine Hitze behält, ohne dass nachgeheizt werden muss sowie der Dichte des Plasmas. Im Wendelstein 7-X erreichte das Plasma Temperaturen von bis zu 30 Millionen Grad Celsius bei einer hohen Dichte und einer über 43 Sekunden lang andauernden Plasmaentladung. „Der neue Rekord zeigt eindrucksvoll das Potenzial von Wendelstein 7-X„, so Thomas Klinger, Leiter des Betriebs von Wendelstein 7-X am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP). Die Werte, die gemessen wurden, liegen sogar über den Tripelprodukten mancher Tokamak-Reaktoren. Allerdings liegt dieser Reaktortyp bei kurzen Plasma-Entladungen weiterhin vorne. Jedoch sind lange Plasmaentladungen wichtig für künftige Fusionskraftwerke im Dauerbetrieb. „Dass wir bei langen Plasmadauerzeiten das Tripelprodukt auf Tokamak-Niveau anheben konnten, markiert einen weiteren wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum kraftwerkstauglichen Stellarator„, erklärt Klinger weiter. Neue Rekordwerte dank Injektor aus den USA Von besonderer Bedeutung für den neuen Weltrekord war ein in den USA entwickelter Pellet-Injektor. Dieser liefert Wasserstoff in das Plasma nach und produziert dabei einen rund drei Millimeter dicken Strang von gefrorenem Wasserstoff. Dieser wird in 3,2 Millimeter lange Pellets zerteilt und dann mit Hochdruck ins Plasma geschossen. Diese Pellet-Zufuhr muss schnell vonstatten gehen und flexibel regelbar sein. In dem Rekordexperiment wurden innerhalb der 43 Sekunden Reaktionsdauer 90 dieser Wasserstoffkügelchen in das Plasma eingebracht. Gleichzeitig heizten starke Mikrowellen das Plasma. „Die Rekorde dieser Experimentkampagne sind mehr als reine Messwerte. Sie stehen für einen wichtigen Fortschritt bei der Validierung des Stellarator-Konzepts – ermöglicht durch eine exzellente internationale Zusammenarbeit“, so Robert Wolf vom MPI für Plasmaphysik. via Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter
Umweltfreundlich: Elektroschrott kann eine wichtige Ressource für Smart Cities und den Meeresschutz sein