Die Entwicklung eines neuen Parfüms ist extrem komplex. Denn die sogenannten Parfümeure wählen aus insgesamt 3.500 Ausgangsstoffen. Diese wiederum können in unterschiedlichen Mengen theoretisch beliebig miteinander kombiniert werden. Es gibt also beinahe unzählige Kombinationsmöglichkeiten. Die Kunst, aus diesen vielen Optionen dann tatsächlich den gewünschten Duft zu kreieren, beherrschen nicht viele: Weltweit gibt es gerade einmal rund 2.000 Parfümeure. Deren Arbeit dürfte zukünftig aber zumindest ein bisschen einfacher werden. Denn der deutsche Dufthersteller Symrise hat in Zusammenarbeit mit IBM das Programm Philyra entwickelt. Dieses wiederum basiert auf der bekannten Watson-KI. Damit dürfte der grundsätzliche Ansatz schon klar sein: Mithilfe von künstlicher Intelligenz sollen die besten Kombinationen der Ausgangsstoffe gefunden werden. Dies aber ist einfacher gesagt als getan. Denn die Probleme beginnen schon bei der Datenlage, weil die KI selbst natürlich nicht riechen kann. Die Mitarbeiter von Symrise haben das System daher nicht nur mit historischen Daten gefüttert, sondern auch eine eigene Klassifizierung entwickelt.


Bild: Symrise

Die künstliche Intelligenz soll die Vorarbeit leisten

Dafür bewerteten die hauseigenen Parfümeure jeden Ausgangsstoff und jeden Duft in insgesamt zwanzig Dimensionen. Daraus wiederum kann der Computer dann ableiten, welche Stoffe ähnlich riechen und wie sich Kombinationen auswirken können. Bereits im Jahr 2019 brachte Symrise auf diese Weise einen Duft auf den Markt, der alleine von der KI entwickelt wurde. Dabei handelte es sich allerdings noch eher um den Versuch, nachzuweisen, dass der Ansatz tatsächlich funktioniert. Nun aber ist die Technologie soweit, dass sie standardmäßig zum Einsatz gebracht werden kann. Die Parfümeure des Konzerns müssen allerdings nicht um ihren Job fürchten. Vielmehr ist eine Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine geplant. So soll die künstliche Intelligenz auf Wunsch zunächst zwölf Kombinationen vorschlagen. Diese werden dann angemischt und von der menschlichen Nase getestet. Der Parfümeur kann anschleßend die beste Idee auswählen und weiter verfeinern. Aus den so gemachten Anpassungen zieht die KI dann wiederum Lehren für zukünftige Kreationen. Im Idealfall kann so die Entwicklung eines neuen Duftes um mehrere Wochen oder sogar Monate beschleunigt werden.

Auf der Suche nach preiswerten und nachhaltigen Ersatzstoffen

Die künstliche Intelligenz hilft zudem beim Austausch einzelner Grundstoffe. Dies kann beispielsweise nötig werden, wenn bestimmte Produkte aufgrund von Lieferschwierigkeiten nicht verfügbar sind. Hier kann das Computerprogramm schnell und effizient berechnen, wie sich der gewünschte Duft alternativ kreieren lässt. Damit ist der Konzern auch in der Lage gezielter auf Kundenwünsche einzugehen. So wäre es beispielsweise denkbar, dass einige Abnehmer nach günstigeren oder nachhaltigeren Ausgangsstoffen fragen. Hier könnte der Computer recht schnell die möglichen Alternativen benennen. Soweit die Theorie. Bei Symrise kommt es nun erstmals zum groß angelegten Praxistest für die neue Technologie. Interessant ist zudem, wie unterschiedlich die Reaktion der Kunden eingeschätzt wird. In Asien beispielsweise wird teilweise mit der Tatsache geworben, dass ein Parfüm vom Computer entworfen wurde. In Europa hingegen wird dieser Fakt lieber nicht zu offensiv kommuniziert. Gerade bei hochpreisigen Produkten dürften die Kunden auch weiterhin Wert auf einen namhaften Parfümeur legen. Ganz ohne Hilfe der KI muss aber auch dieser wohl nicht mehr auskommen.


Via: Handelsblatt

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