Der Müll in den Weltmeeren stellt ein wachsendes Umweltproblem dar. Neben Plastikabfällen treiben auch Fahrräder, E-Scooter, Netze oder Reifen unter Wasser und belasten Küsten, Häfen und Meeresökosysteme. Um diese schwer zugänglichen Ablagerungen effizienter zu entfernen, wurde im Rahmen des EU-Projekts SeaClear an der Technischen Universität München ein autonomer Tauchroboter entwickelt. Das System kombiniert Robotik, künstliche Intelligenz und moderne Sensortechnik, um Müll am Meeresboden aufzuspüren, zu greifen und an die Oberfläche zu transportieren.


Bild: Andreas Schmitz / TUM

Präzise Erkennung im trüben Umfeld

Die Lokalisierung von Objekten im Wasser ist eine besondere Herausforderung. Trübe Sicht, wechselnde Lichtverhältnisse und unübersichtliche Strukturen erschweren eine zuverlässige Erkennung. Der entwickelte Roboter nutzt deshalb ein Zusammenspiel aus Kameras und Sonar, um sich auch bei eingeschränkter Sicht zu orientieren. Die Bilddaten werden von einer trainierten KI ausgewertet, die anhand mehrerer tausend markierter Aufnahmen zwischen Müll und natürlichem Untergrund unterscheiden kann. Aus den Sensordaten erstellt das System ein dreidimensionales Modell, das dem Roboter ermöglicht, die Lage und Form von Objekten zu erfassen und die beste Greifposition zu bestimmen.

Ein kleineres Suchfahrzeug kartiert zunächst größere Bereiche des Meeresbodens. Anschließend taucht der eigentliche Roboter gezielt ab, um identifizierte Gegenstände aufzunehmen. Die Datenübertragung und Energieversorgung erfolgen über ein Kabel zu einem unbemannten Serviceboot. Diese Lösung reduziert den Energiebedarf im Roboter selbst und verlängert die Einsatzdauer.


Mechanik für gezieltes Greifen und Heben

Der Tauchroboter ist mit einem Greifarm ausgestattet, der eine Kraft von bis zu 4.000 Newton aufbringen kann. Damit lassen sich auch schwere Objekte mit einem Gewicht von bis zu 250 Kilogramm heben. Gleichzeitig regulieren eingebaute Sensoren die aufgebrachte Kraft, um Beschädigungen am Greifer oder an fragilen Objekten zu vermeiden.

Das Fahrzeug wiegt etwa 120 Kilogramm und wird durch acht kleine Turbinen präzise manövriert. Eine spezielle Auftriebsschicht sorgt dafür, dass es im Wasser stabil ausbalanciert bleibt. Für besonders schwere Gegenstände kommt zusätzlich eine Seilwinde zum Einsatz. Diese hebt die Funde zu einem Beiboot, das als schwimmender Sammelbehälter dient.

Perspektiven und Einsatzmöglichkeiten

Im Hafen von Marseille wurde das System erstmals unter realen Bedingungen demonstriert. Nach Einschätzung der beteiligten Forscher:innen ist der Einsatz bereits ab einer Tiefe von etwa 16 Metern wirtschaftlich sinnvoll. Projektleiter Stefan Sosnowski betonte in diesem Zusammenhang, dass die Automatisierung in diesem Bereich einen klaren Vorteil gegenüber herkömmlichen Methoden bieten könne.

Das Gesamtkonzept umfasst neben dem Tauchroboter auch ein Serviceboot, ein Suchfahrzeug und Drohnen, die zusammen ein abgestuftes Vorgehen bei der Müllbergung ermöglichen. Auf diese Weise lassen sich große Areale überwachen und gezielt reinigen. Ziel ist es, Häfen langfristig sauberer zu halten und auch in tieferen Küstengewässern Müllansammlungen systematisch zu reduzieren.

Obwohl technische und organisatorische Herausforderungen bestehen bleiben, verdeutlicht das Projekt, wie autonome Systeme künftig dazu beitragen könnten, die Belastung der Meere durch Abfälle zu verringern. Der Tauchroboter zeigt, dass Ingenieurtechnik und künstliche Intelligenz einen praxisnahen Beitrag zur Lösung eines globalen Umweltproblems leisten können.

 

via TU München

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