Im Golf von Panama ist im Frühjahr 2025 ein außergewöhnlicher Stillstand der Meeresdynamik beobachtet worden. Das für diese Region typische Aufquellen kalten, nährstoffreichen Tiefenwassers blieb nahezu vollständig aus – eine Konstellation, die in den verfügbaren Messreihen bislang nicht dokumentiert wurde. Normalerweise setzt der saisonale Auftrieb zu Jahresbeginn ein, kühlt die Oberfläche deutlich ab und liefert die Nährstoffe für ein kurzes, aber produktives Frühjahrsfenster. In diesem Jahr verzögerte sich die Abkühlung jedoch und fiel zudem sehr schwach aus. Die beobachtete Störung betrifft nicht nur die Physik des Ozeans, sondern auch die ökologische Leistungsfähigkeit des marinen Systems und wirft Fragen nach den treibenden Prozessen auf.


Strömung kommt zum Stillstand

Die Küstengewässer vor Panama gehören zu den tropischen Auftriebsgebieten, in denen der Wind über den sogenannten Ekman-Transport warmes Oberflächenwasser von der Küste wegdrückt. Aus der Tiefe strömt dann kälteres, nährstoffreiches Wasser nach, das die Oberflächentemperaturen absenkt und die Primärproduktion ankurbelt. Im Jahr 2025 wich der übliche Verlauf deutlich ab. Die Abkühlung der Oberfläche begann verspätet und hielt statt der normalerweise mehr als zwei Monate nur rund zwei Wochen an. Gemessen wurden Oberflächentemperaturen um 23 Grad Celsius, mehrere Grad über den sonst üblichen Werten. Diese Anomalie markiert nach Angaben beteiligter Forscher:innen den bislang stärksten beobachteten Einbruch des saisonalen Auftriebs in diesem Gebiet.


Die Besonderheit liegt nicht nur in der Höhe der Temperaturen, sondern vor allem im Ausbleiben des markanten Wechsels zwischen warmem, nährstoffarmem Zustand und einer kurzen, kühlen Phase. Beobachtungen aus Küstenstationen und Satellitendaten zeigen ein ungewöhnlich homogenes Warmwassersignal. Forscher:innen betonen, dass die Stabilität der oberen Wasserschicht zunimmt, wenn sich die Abkühlung nicht durchsetzt. Damit verschärft sich der Mangel an Nährstoffen in der lichtdurchfluteten Zone, in der das Phytoplankton wächst.

Wind spielt mit Meeresströmungen zusammen

Der saisonale Auftrieb im Golf von Panama wird durch regionale Windfelder gesteuert, die durch Lücken im mittelamerikanischen Gebirge beschleunigt werden. In Jahren mit kräftigen Passatwinden schiebt dieser Küstenjet das Oberflächenwasser von der Küste weg, und Tiefenwasser kann nachströmen. Anfang 2025 deuten die Beobachtungen jedoch auf schwächere oder ungünstig ausgerichtete Winde hin, die den Mechanismus nicht in Gang setzten. Gleichzeitig begünstigten hohe Oberflächentemperaturen die Schichtung: Eine wärmere, leichtere Deckschicht lag stabil auf kühleren Tiefenwassern und erschwerte deren Aufsteigen. So ergab sich ein Zusammenspiel aus nachlassendem Windantrieb, stabilerer Stratifizierung und geringerer Effizienz des Ekman-Transports.

Die Frage nach übergeordneten Ursachen bleibt offen. Großräumige Klimamoden wie El Niño beeinflussen zwar Windsysteme und Wärmeinhalte des tropischen Pazifiks, doch regionale Reaktionen verlaufen nicht immer synchron. Forscher:innen verweisen daher auf das Zusammenspiel lokaler Windanomalien und ozeanischer Wärmespeicherung. Ein beteiligter Wissenschaftler bezeichnete das Ausbleiben des Auftriebs als „beispiellose Störung eines ansonsten verlässlichen saisonalen Systems“ – ein Befund, der die Notwendigkeit genauer Prozessstudien unterstreicht.

Erwarten uns weitere Störungen im Strömungssystem?

Wenn der Auftrieb ausbleibt, bricht in der Regel die Basis des Nahrungsnetzes ein. Phytoplankton benötigt Nährstoffe, die in tropischen Oberflächengewässern schnell verbraucht sind und normalerweise aus tieferen Schichten nachgeliefert werden. Fehlt diese Zufuhr, bleiben Blüten aus oder fallen schwächer aus. In der Folge sinkt die Biomasse des Zooplanktons, Fischbestände leiden, und die Erträge der Küstenfischerei gehen zurück. Gleichzeitig verlängern erhöhte Oberflächentemperaturen Hitzephasen, die Korallen und andere temperaturempfindliche Organismen belasten. Auch Sauerstoffverhältnisse können sich verändern, wenn die Durchmischung abnimmt und die Atmung in tieferen Schichten ungebremst weiterläuft.

Ob das Ereignis ein singulärer Ausreißer oder ein Vorbote häufiger werdender Störungen ist, bleibt unklar. Benötigt werden Zeitreihen zu Wind, Temperaturprofilen und Nährstoffkonzentrationen, die den Übergang von der physischen Anomalie zur biologischen Reaktion dokumentieren. Beteilige Forscher:innen sprechen von einer „alarmierenden Entdeckung“, die die Verwundbarkeit tropischer Küstensysteme gegenüber kleinen Änderungen im Antrieb offenlegt. Im Kern steht die Einsicht, dass Stabilität in ozeanischen Randregionen kein fester Zustand ist, sondern das Ergebnis eines empfindlichen Gleichgewichts. Gerät dieses ins Wanken, kann sich die Wirkungskette innerhalb weniger Wochen von der Physik bis zur Ökologie fortsetzen – mit Konsequenzen für Biodiversität, Küstengemeinden und das Verständnis, wie nah tropische Meere an Belastungsgrenzen operieren.

 

via Max-Planck-Institut für Chemie

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