Länder wie Norwegen, Australien oder die Vereinigten Arabischen Emirate sind durch die Ausbeutung von Rohstoff-Vorkommen extrem wohlhabend geworden. Global betrachtet stellt dies aber eher die Ausnahme dar. Tatsächlich wird in der Entwicklungshilfe teilweise sogar von einem Rohstoff-Fluch gesprochen. Gemeint ist damit ein vor allem in ärmeren Staaten auftretender empirisch nachweisbarer Effekt. Demzufolge führt die Ausbeutung von reichhaltigen Rohstoff-Vorkommen keineswegs immer zu Wohlstand. Im Gegenteil: Oftmals verschlechtert sich die Situation für die lokale Bevölkerung sogar. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Teilweise spielen makroökonomische Aspekte eine Rolle, teilweise werden aber auch ohnehin vorhandene Probleme – etwa die Korruption – noch einmal verstärkt. Vor diesem Hintergrund ist die brasilianische Stadt Maricá nur teilweise zu beneiden. Denn im Meer vor der 160.000-Einwohner-Stadt wird Öl gefördert. Deshalb fließen jedes Jahr umgerechnet 150 Millionen Euro in die Stadtkasse.


Bild: Mkcarioca, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

Die Stadt zahlt eine zusätzliche Sozialhilfe an langjährige Einwohner aus

Die Stadtführung rund um den linken Bürgermeister Fabiano Horta wollte sicherstellen, dass dieses Geld in erster Linie bei den wirklich bedürftigen Einwohnern ankommt. Sie entschieden sich daher für eine etwas ungewöhnliche Idee: Sie riefen eine eigene Währung – den sogenannten Mumbuca – ins Leben. Dieser entspricht eins zu eins der Landeswährung Real. Der Clou: Die Währung kann nur in lokalen Geschäften ausgegeben werden und auch nur für grundlegende Bedürfnisse. Dies stärkt zum einen die lokale Wirtschaft und verhindert, dass das Geld in andere Regionen abfließt. Zum anderen kann das Geld so aber auch nicht in dunklen Kanälen versickern. Ausgezahlt wird die neue Währung mithilfe einer eigenen Geldkarte als zusätzliche Sozialhilfe an alle armen Einwohner, die bereits seit mindestens fünf Jahren in der Stadt leben. Im Zuge der Corona-Krise wurden die ausgezahlten Summen zudem noch einmal erhöht, wodurch die sozialen Folgen abgefedert werden konnten. Der Lohn: Bürgermeister Horta wurde zuletzt mit mehr als neunzig Prozent der Stimmen wiedergewählt.

Die Zahl der Arbeitsplätze hat sich in der Krise sogar erhöht

Auch die Betriebe in der Stadt wurden während der Pandemie unterstützt. In der Regel erhielten sie finanzielle Unterstützung, wenn sie auf die Entlassung ihrer Angestellten verzichten. In gewisser Weise wurde hier also das deutsche Kurzarbeits-Modell auf lokaler Ebene umgesetzt. Der Erfolg schlägt sich auch in den Statistiken nieder: Trotz der Krise hat sich die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs in Maricá zuletzt sogar erhöht. Außerdem profitieren die Einwohner von zahlreichen kostenfreien Angeboten der Stadt. Diese reichen von einem Kino über Leihfahrräder bis hin zum öffentlichen Personennahverkehr. Hinzu kommt ein neu errichtetes Krankenhaus. Dort werden inzwischen auch Corona-Patienten aus benachbarten Gemeinden versorgt. In diesem Fall erwies sich das Ölfeld unter dem Meeresboden also tatsächlich als Segen für die brasilianische Stadt und ihre Einwohner. Es wäre daher durchaus sinnvoll, zu schauen, welche Elemente des Projekts sich auch andernorts umsetzen ließen.


Via: Das Erste

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