In den letzten beiden Jahren müssen sich viele Gründer wie im Paradies gefühlt haben. Denn in Sachen Finanzierung überstieg das Angebot bei weitem die Nachfrage. Oder anders ausgedrückt: Wer eine lohnenswerte junge Firma besaß konnte sich vor Anfragen von Investoren kaum retten. Weil aber so viel Geld vorhanden war, wurden auch Firmen finanziert, die eigentlich über kein besonders gutes Geschäftsmodell verfügten oder die Erwartungen nicht erfüllen konnten. Alles in allem flossen so alleine im vergangenen Jahr 6,1 Milliarden Euro in deutsche Startups – ein Anstieg um 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch die Corona-Krise dürfte auch hier nicht ohne Auswirkungen bleiben. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine Analyse der Beratungsgesellschaft EY. Demnach sorgt die Pandemie für eine doppelte Herausforderung für junge Firmen: Zum einen reduzieren sich die Umsätze. Gleichzeitig haben aber auch Investoren weniger Geld zur Verfügung.


Die ersten Unternehmen mussten bereits Insolvenz anmelden

Auf der großen Bühne ließ sich dieser Effekt bereits beobachten. So musste das Satelliten-Startup Oneweb Insolvenz anmelden, weil der größte Investor – das japanische Unternehmen Softbank – selbst mit Problemen zu kämpfen hatte und sich kein neuer Geldgeber fand. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Oneweb schon zuvor immer wieder mit Finanzproblemen zu kämpfen hatte. Auf den deutschen Markt übertragen bedeutet dies: Zunächst dürften die Startups Probleme bekommen, die schon in den guten Zeiten eher zu den Wackelkandidaten gehörten. So schrieb der Berliner Babyartikel-Versand Tausendkind seit einigen Jahren nur Verluste und konnte auch die Umsätze nie entscheidend steigern. Im Zuge der Corona-Krise haben die Investoren nun den Stecker gezogen, obwohl das Unternehmen als Online-Händler von den Auswirkungen gar nicht so stark betroffen gewesen sein dürfte. Solche und ähnliche Fälle dürften in den nächsten Wochen öfter vorkommen.


Tourismus-Startups sind von der Krise besonders hart getroffen

Bei den eigentlich gut aufgestellten Startups sind die Auswirkungen der Corona-Krise hingegen unterschiedlich stark zu spüren. Digitale Gesundheitsangebote, Online-Lernangebote oder Fintechs dürften mit ihren Geschäftsmodellen sogar profitieren. Wer allerdings im Bereich der Touristik unterwegs ist, hat aktuell vermutlich so gut wie gar keine Einnahmen. Ausgerechnet hier waren deutsche Startups zuletzt allerdings sehr stark positioniert. Mit Flixbus, GetYourGuide und Tourlane konnten gleich drei Firmen in den vergangenen zwölf Monaten große Finanzierungsrunden verkünden. Das eingenommene Geld dürfte nun allerdings zunächst nicht wie geplant in das Wachstum der Firma fließen können. Stattdessen wird es benötigt, um die laufenden Kosten zu decken. Die Experten bei EY gehen allerdings davon aus, dass es für solche aussichtsreichen Firmen auch weiterhin Zwischenfinanzierungen geben wird, um die Krise zu überstehen.

Der Staat will zumindest teilweise einspringen

Das Bild innerhalb der deutschen Startup-Szene ist also durchaus gemischt. Aktuell überwiegen allerdings die Existenzängste: Folgt man den Zahlen des Bundesverbands Deutsche Startups sorgen sich rund 70 Prozent der deutschen Gründer um die Zukunft ihrer Firma. Dies ist ein deutlich höherer Wert als in normalen Zeiten. Um die Auswirkungen auf die Startup-Branche nicht zu katastrophal werden zu lassen, hat sich nun auch die Politik eingeschaltet. So sollen Öffentliche Wagniskapitalinvestoren mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet werden. Diese können bei Finanzierungsrunden dann ein Teil des Risikos übernehmen. Außerdem wurde ein Schutzschirm mit einem Volumen von zwei Milliarden Euro aufgespannt. Dieser soll Startups helfen, die von der Corona-Krise besonders schwer getroffen wurden. Ob diese Bemühungen erfolgreich sein werden, dürfte sich allerdings erst in einigen Jahren zeigen.

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