Dass regelmäßige Bewegung das Immunsystem stärkt, ist seit Langem bekannt – doch erst allmählich wird deutlich, welche Zellen dabei eine zentrale Rolle spielen. Eine aktuelle Studie im Fachjournal Scientific Reports liefert nun neue Einblicke: Forscher:innen aus Südamerika und Deutschland, darunter der Universität Gießen, haben untersucht, wie sich Ausdauertraining auf die Aktivität bestimmter Immunzellen auswirkt. Ihr Fokus lag auf den sogenannten natürlichen Killerzellen, kurz NK-Zellen, die entscheidend daran beteiligt sind, infizierte oder entartete Zellen im Körper zu erkennen und zu beseitigen.


Symbolbild

Wie Training die „Killerzellen“ des Immunsystems verändert

In der Studie wurden ältere Erwachsene miteinander verglichen, von denen eine Gruppe regelmäßig Ausdauertraining betrieb, während die andere weitgehend inaktiv war. Das Ergebnis: Die NK-Zellen der sportlich aktiven Teilnehmenden reagierten deutlich effizienter auf äußere Reize. Sie zeigten stärkere Stoffwechselaktivität, produzierten mehr entzündungshemmende Signalmoleküle und behielten ihre Abwehrleistung auch dann, wenn bestimmte biochemische Signalwege blockiert wurden. So blieben die Immunzellen der trainierten Personen selbst unter Bedingungen aktiv, die normalerweise ihre Reaktionsfähigkeit dämpfen würden.

Die Forscher:innen untersuchten dabei gezielt, wie die Zellen auf die Blockade adrenerger Rezeptoren und den Eingriff in den sogenannten mTOR-Signalweg reagierten – zwei Prozesse, die für die Steuerung von Zellaktivität und Energiehaushalt zentral sind. Das Training schien die NK-Zellen widerstandsfähiger gegenüber solchen Eingriffen zu machen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass regelmäßiges Ausdauertraining nicht nur die Zahl, sondern vor allem die Qualität der NK-Zellen verbessert“, erklärt die Studienleiterin. Diese Zellen seien dadurch besser in der Lage, Krankheitserreger und Tumorzellen zu bekämpfen, selbst wenn der Körper unter Stress oder altersbedingten Einschränkungen stehe.


Erstmalig gibt es detaillierte Belege für die positive Auswirkung von Sport auf das Immunsystem

Die untersuchte Altersgruppe war bewusst gewählt: Gerade im höheren Lebensalter nimmt die Funktionalität des Immunsystems ab, ein Prozess, der als Immunoseneszenz bezeichnet wird. Dabei verlieren Immunzellen zunehmend ihre Reaktionsfähigkeit, was die Anfälligkeit für Infektionen und bestimmte Krebserkrankungen erhöht. Die Studie zeigt, dass Ausdauertraining diesen Abbau zumindest teilweise kompensieren kann. Trainierte ältere Erwachsene hatten nicht nur aktivere NK-Zellen, sondern auch ein stabileres Verhältnis von Stoffwechsel- zu Signalaktivität – ein Hinweis darauf, dass Bewegung den altersbedingten Umbau des Immunsystems verlangsamen könnte.

Auch frühere Untersuchungen hatten bereits darauf hingewiesen, dass regelmäßige körperliche Aktivität Entzündungsprozesse dämpft und die Immunüberwachung verbessert. Die nun veröffentlichten Daten liefern jedoch erstmals detaillierte molekulare Belege dafür, wie genau Training auf zellulärer Ebene wirkt. So fanden die Forscher:innen heraus, dass bestimmte Enzyme, die mit der Energieproduktion in den Zellen verbunden sind, bei sportlich aktiven Menschen stabiler arbeiteten. Das könnte erklären, warum deren Immunantwort auch unter Belastung effizienter verläuft.

Körperliche Aktivität schützt die Gesundheit vor allem auch im Alter

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass körperliche Aktivität nicht nur kurzfristig das Wohlbefinden steigert, sondern tiefgreifende Auswirkungen auf das Immunsystem hat – insbesondere im höheren Alter. Regelmäßiges Ausdauertraining könnte dazu beitragen, die Balance zwischen entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Prozessen zu stabilisieren und die Fähigkeit des Körpers zur Immunüberwachung zu erhalten. Damit eröffnet sich auch ein therapeutisches Potenzial: Bewegung als ergänzende Strategie, um altersbedingte Immunschwächen abzufedern.

Die Studie liefert jedoch keine exakten Empfehlungen zu Trainingsintensität oder -häufigkeit. Klar ist nur: Es geht nicht um extremes Leistungstraining, sondern um regelmäßige, moderate Belastung, die über längere Zeiträume hinweg durchgeführt wird. Künftige Untersuchungen sollen klären, welche Trainingsformen besonders effektiv sind und wie sich die Erkenntnisse auf unterschiedliche Alters- und Gesundheitsgruppen übertragen lassen. Schon jetzt aber unterstreicht die Forschung ein zentrales Prinzip: Bewegung ist nicht nur ein Akt körperlicher Fitness – sie ist auch ein Stimulus, der das Immunsystem selbst trainiert.

via Fundação de Amparo à Pesquisa do Estado de São Paulo

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.