Für die Tourismus-Branche weltweit stellte die Corona-Pandemie einen massiven Einschnitt dar. Auf eine lange Zeit des stetigen Wachstums folgte ein abrupter Stopp. In Thailand ist die Situation allerdings noch eine Ecke dramatischer. Denn zum einen fiel dort der Aufschwung deutlich stärker aus als in vielen anderen Ländern: Innerhalb des letzten Jahrzehnts verdreifachte sich die Zahl der ausländischen Touristen auf rund vierzig Millionen pro Jahr. Gleichzeitig war der Einbruch dort aber auch noch drastischer als im Rest der Welt. Denn seit Anfang April werden gar keine ausländischen Gäste mehr ins Land gelassen. Anders als etwa in Deutschland gibt es bisher auch keine Pläne für ein langsames wieder Hochfahren des Tourismus. In Sachen Virusbekämpfung war diese Strategie extrem erfolgreich: Thailand verzeichnete insgesamt nur etwas mehr als 3.000 Infektionen und meldete seit mehr als zwei Monaten keine neue lokale Ansteckung mehr.


Ausländische Touristen dürfen aktuell nicht einreisen. Bild: kallerna / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)

Millionen Jobs sind verloren gegangen

Die Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes allerdings sind gewaltig:

1. Den Angaben der Zentralbank zufolge dürfte die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um rund acht Prozent zurückgehen. Dies wäre die schwerste Rezession in der Geschichte des Landes. Selbst auf dem Höhepunkt der Asienkrise in den 1990er Jahren fiel der Rückgang nicht so stark aus.


2. Der Grund dafür ist nicht schwer zu ermitteln. Weil die zahlreichen touristischen Angebote nur noch von Thailändern und im Land lebenden Expats genutzt werden können, sinkt der Anteil des Tourismus am Bruttoinlandsprodukt deutlich. Waren es im vergangenen Jahr noch 18 Prozent, dürfte der Wert dieses Jahr auf sechs bis sieben Prozent sinken.

3. Dies bleibt natürlich auch nicht ohne Auswirkungen auf die Beschäftigungszahlen in dem Sektor. Schätzungen der Weltbank zufolge werden rund acht Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren.

4. Vielen Betriebe dürften aber selbst Entlassungen nicht mehr helfen, dauerhaft zu überleben. Schätzungen des Tourismusministeriums gehen davon aus, dass rund sechzig Prozent der Tourismusfirmen in ihrer Existenz bedroht sind.

5. Die Fluglinien des Landes haben den Kampf gegen die wirtschaftliche Krise bereits verloren. Thai Airways beantragte schon im Mai Gläubigerschutz. Vor rund zwei Wochen folgte auch die Billigfluglinie Nok Air.

Die Maßnahmen werden von einem Großteil der Bevölkerung unterstützt

Die Regierung sieht sich dadurch einer paradoxen Situation ausgesetzt. Auf der einen Seite kamen Meinungsumfragen zu dem Ergebnis, dass sich rund 95 Prozent der Bevölkerung für eine Verlängerung des Einreisestopps aussprechen. In einem Land, das lange Zeit gespalten war zwischen Rot- und Gelbhemden ist dies ein beinahe unglaublicher Wert. Verantwortlich dafür dürfte vor allem die Angst vor einem erneuten Lockdown sein. Denn davon wäre dann nicht nur die Tourismusbranche betroffen, sondern die gesamte Wirtschaft des Landes. Außerdem brächte dies massive Einschränkungen für das soziale Leben der Thailänder mit sich. Auf der anderen Seite sieht sich Premierminister Prayuth Chan-Ocha mit einer neuen Protestwelle konfrontiert. Diese hat mit der Corona-Krise erst einmal gar nichts zu tun. Vielmehr stören sich die Protestierenden daran, dass der Regierungschef im Jahr 2014 im Zuge eines Militärputsches an die Macht kam und seitdem vornehmlich autoritär regiert. Ein starker wirtschaftlicher Abschwung könnte allerdings dafür sorgen, dass die Proteste noch eine soziale Note erhalten und dadurch verstärkt werden.

Es gibt quasi keine sicheren Einreiseländer

Bis vor kurzem gab es daher in der Regierung Planspiele für eine Quadratur des Kreises. Die Idee: Sogenannte Travel Bubbles. Vorgesehen waren dabei spezielle Reisekorridore in andere Länder, die das Virus ebenfalls unter Kontrolle bekommen haben. Doch in den vorgesehenen Partnerländern wie Japan, Australien, China oder Vietnam steigen die Zahlen seit einiger Zeit wieder. Die thailändische Regierung hat sich daher von der Idee schon wieder verabschiedet. Wie die Wirtschaft aber stattdessen wieder ans Laufen gebracht werden soll, weiß im Moment niemand so richtig. Einige Experten empfehlen daher, sich vom Ziel der kompletten Eindämmung des Virus zu verabschieden. Stattdessen solle man sich daran orientieren, wie viele Fälle das thailändische Gesundheitssystems verkraften könnte. Auch das allerdings ist ein zweischneidiges Schwert. Denn die Zahl der Infektionen lässt sich tatsächlich nur recht schwer steuern. Thailands Tourismusbetriebe bleibt daher nicht viel anderes übrig, als auf die schnelle Entwicklung eines Impfstoffs zu hoffen.

Via: Handelsblatt

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