Während es kein Geheimnis ist, dass das Meereseis der Arktis relativ kontinuierlich zurückgeht, war der Bestand an Meereseis auf der anderen Seite des Globus, in der Antarktis, bisher deutlich stabiler. Dieses Jahr sank das Ausmaß des Eises, das das Meer in der Antarktis bedeckt, allerdings auf einen historischen Tiefstand seit Beginn der Aufzeichnungen Ende der 1970er-Jahre.


Drastischer Rückgang in der Antarktis

Bei dem drastischen Rückgang des antarktischen Meereises handelt es sich um das zweite Event dieser Art innerhalb von fünf Jahren. Forscher:innen konnten Gründe für diesen Rückgang finden, es bleiben allerdings noch viele ungeklärte Geheimnisse.


Der Eisrückgang in der Arktis findet stetig seit Jahren statt und wird durch die globale Erwärmung verursacht. In der Antarktis dagegen wächst die Menge an Meereis seit den 1970er-Jahren relativ moderat um etwa ein Prozent pro Jahr – allerdings mit deutlichen Schwankungen und regionalen Unterschieden.

Im Jahr 2017 wurde dieser positive Trend unterbrochen, als das antarktische Meereis seinen damaligen Tiefststand erreichte. Und nun, nur fünf Jahre später, wiederholt sich dieses Ereignis.

Am 25. Februar, ein paar Tage vor dem Sommerende auf der südlichen Hemisphäre, errechneten chinesische Forscher, dass die Eismasse auf dem Meer der Arktis erstmals unter zwei Millionen Quadratkilometer groß war. So wenig Eis gab es in der Antarktis seit dem Start der Satellitenbeobachtung der Pole im Jahr 1978 noch nie. Speziell in der Bellingshausensee und Amundsensee sowie dem westlichen Indischen Ozean war die Eisfläche drastisch gesunken. Das Gesamtausmaß des antarktischen Meereises lag etwa 30 Prozent unter dem Durchschnitt aus den Jahren 1981-2010.

Ursachen sind komplex

Die Gründe für die Schwankungen des antarktischen Meereises sind komplex – diverse Mechanismen wurden erst in den letzten Jahren entdeckt und diskutiert. Bisher fehlt diesbezüglich allerdings der wissenschaftliche Konsens und es herrscht viel Forschungsbedarf.

Eine Forschungsgruppe der Sun-Yat-sen-Univdersität sowie dem Southern Marine Science and Engineering Guangdong Laboratory (Zhuhai) in China nahm den aktuellen Negativrekord zum Anlass, die genauen Ursachen genauer unter die Lupe zu nehmen.

Zu diesem Zweck analysierten die Forscher:innen Daten über den tagesaktuellen Anteil der Antarktis, der mit Eis bedeckt ist, die zwischen 1979 und 2022 erhoben wurden und kombinierten diese mit Daten über den Drift des Meereseises in diesem Zeitraum, die vom National Snow and Ice Data Center (NSIDC) erhoben wurden. Die Wissenschaftler:innen fanden heraus, dass im Sommer vor allem thermodynamische Prozesse das Abschmelzen des Meereseises verursachen. Gründe hierfür sind etwa Anomalien im Wärmetransport in der Region. Außerdem kommt es zu einem Anstieg der Infrarotstrahlung und des sichtbaren Lichts, der unter anderem durch das Zusammenspiel der weißen Oberfläche des Meereises mit der Strahlung entsteht.

Sea ice is whiter than the dark unfrozen sea, thus there is less reflection of heat and more absorption, which in turn melts more sea ice, producing more absorption of heat, in a vicious cycle”, so der Klimatologe Qinhua Yang, einer der Koautoren der Studie.

Zusammenspiel mehrerer Effekte

Im Frühjahr werden die thermodynamischen Prozesse dann durch einen Eisdrift in Richtung der Tropen ergänzt. Dieser Effekt tritt vor allem in der Amnundsensee und dem Rossmeer auf. Die Forscher:innen stellten fest, dass der Negativrekord mit einer Kombination der Wettereffekte La Niña sowie einem positiven Southern Annular Mode (SAM) zusammenfiel. Letzterer Begriff beschreibt ein starkes, nach Westen gewandtes Windsystem, während La Niña starke Winder beschreibt, die warmes Wasser von Südamerika nach Indonesien transportieren.

Beide Wettersystemen verstärken das Amundsensee-Tief, ein Niedrigdrucksystem, dass sie über dem südlichen Pazifik vor der Küste der West-Antarktis aufbaut.

Die atmosphärischen Einflüsse auf das Seeeis haben ihren Ursprung mit der Intensität und Position dieses Amundsensee-Tiefs, so fanden die Forscher:innen heraus. “ If tropical variability is having such an impact, it’s that location that needs to be studied next”, fasst Jinfei Wang, der ebenfalls an der Studie beteiligt war, die Ergebnisse zusammen.

via Phys.org

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