Die Corona-Pandemie führte überall auf der Welt zu Shutdowns und massiven wirtschaftlichen Einschränkungen. Um die Auswirkungen zumindest einigermaßen einzudämmen, reagierten fast alle Staaten weltweit mit massiven Unterstützungsprogrammen für die eigene Wirtschaft. Schaut man sich die Maßnahmen aber im Detail an, wird schnell ein Ungleichgewicht deutlich: Während die Unterstützung in den Industrienationen im Schnitt bei rund acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts lag, kamen die afrikanischen Staaten nur auf einen Wert von 0,8 Prozent. In absoluten Zahlen wäre der Unterschied noch einmal gewaltig größer. Dabei dürfte eigentlich auf der Hand liegen, dass etwa die ghanaische Wirtschaft mehr Unterstützung bräuchte als die deutsche. Letztlich könnte die Corona-Krise so dafür sorgen, dass die ohnehin ärmsten Länder der Welt noch weiter zurückfallen.


Bild: Zouzou Wizman, Creative Commons Attribution 2.0 Generic, via Wikimedia Commons

Der Schuldenerlass ist weitgehend verpufft

Ganz schuldlos sind die lokalen Regierungen daran aber nicht. Denn im Jahr 2005 erließen die acht führenden Industrienationen der G8 den afrikanischen Staaten Schulden in Höhe von mehr als 100 Milliarden Dollar. Auf einen Schlag fielen die Auslandsverbindlichkeiten der Staaten von mehr als einhundert Prozent des BIP auf nur noch rund vierzig Prozent. Dieser Wert konnte als durchaus solide betrachtet werden und hätte die Regierungen theoretisch sogar in die Lage versetzt, im Falle einer Krise noch einmal zusätzliches Geld aufzunehmen. Tatsächlich aber haben die meisten Staaten in den letzten Boom-Jahren bereits wieder Schulden aufgebaut. In den 48 afrikanischen Ländern südlich der Sahara liegt die Schuldenquote inzwischen wieder bei mehr als sechzig Prozent des BIPs. Für solch kleine Volkswirtschaften ist dies deutlich zu viel und sorgt jetzt vor allem dafür, dass Mittel zur Krisenbekämpfung fehlen.

China gehört inzwischen zu den größten Gläubigern

International wird daher bereits erneut über einen Schuldenschnitt debattiert. Die Verhandlungen sind in den letzten fünfzehn Jahren aber deutlich komplizierter geworden. Denn während die Gläubiger damals fast ausschließlich westliche Staaten waren, hat sich inzwischen auch China stark auf dem afrikanischen Kontinent engagiert. So wurden zahlreiche Infrastrukturprojekte mit chinesischen Krediten finanziert. Eine Reduzierung der Schuldenlast ist aber nur denkbar, wenn sich alle relevanten Akteure beteiligen. Denn niemand möchte auf sein eigenes Geld verzichten, wenn dieses dann genutzt wird, um andere Kredite zu bedienen. China allerdings beteiligte sich in der Vergangenheit nur sehr selten an solchen multilateralen Aktionen. Zumindest haben die G20-Staaten – inklusive China – inzwischen aber eine Stundung beschlossen. Kredite müssen demnach zwei Jahre lang nicht bedient werden.


2022 könnte zum Schicksalsjahr werden

Dadurch wird das Problem aber natürlich nur nach hinten verschoben. Zumal in der Zwischenzeit auch weiter Zinsen auflaufen. Hinzu kommt, dass aktuell eben auch die Gläubigerstaaten mit massiven wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen haben. Ein erneuter Schuldenerlass könnte daher in der eigenen Bevölkerung durchaus kritisch aufgenommen werden. Zumindest aber müsste die Frage beantwortet werden, wie sichergestellt werden kann, dass zukünftig nicht einfach wieder neue Schulden gemacht werden. Erprobte Methoden dafür gibt es auf internationaler Ebene bisher nicht. Die Zeit allerdings drängt: In vielen afrikanischen Staaten laufen im Jahr 2022 zahlreiche langjährige Staatsanleihen aus. Hat sich die wirtschaftliche Lage bis dahin nicht entscheidend gebessert, droht gleich mehreren Staaten der Bankrott. Darunter zu leiden hätte dann wohl vor allem die in den meisten Fällen ohnehin schon arme Bevölkerung.

Via: Handelsblatt

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