Die Aufgabe klingt auf den ersten Blick gar nicht so schwer: Um einen sich selbst verstärkenden Klimawandel zu vermeiden, muss die Sonneneinstrahlung um rund zwei Prozent reduziert werden. Eine eher konventionelle Variante des sogenannten Geoengineerings besteht darin, Schwefeldioxid oder eine ähnliche Substanz in der Atmosphäre freizusetzen. Eigentlich wollten Forscher in Schweden diesen Ansatz im kleinen Rahmen schon ausprobieren. Der dazugehörige Ethikrat stoppte das Projekt allerdings vorerst. Stattdessen soll nun zunächst eine breite gesellschaftliche Debatte angestoßen werden. Studierende der Fachhochschule Wiener Neustadt denken nun über einen eher nach Science-Fiction klingenden Vorschlag nach. Demnach könnten riesige Sonnensegel im All installiert werden, die dann wie gigantische Sonnenschirme wirken und die Sonneneinstrahlung reduzieren. An den Arbeiten beteiligt ist auch das Kompetenznetzwerk Geoengineering, an dem unter anderem auch das deutsche Raumfahrtunternehmen OHB beteiligt ist.


Kalte Sonne
Foto: Cold Sun, Mark Vegas, Flickr, CC BY-SA 2.0

Die Sonnensegel müssten im All produziert werden

In einem ersten Schritt identifizierten die an dem Projekt beteiligten Personen, den idealen Ort für die Platzierung der Sonnensegel. Dies wäre der sogenannte Lagrange-Punkt 1, der in direkter Linie zwischen Sonne und Erde liegt. Die Entfernung zur Erdoberfläche betrüge in diesem Fall rund 1,5 Millionen Kilometer. Um einen wirklich messbaren Effekt zu erreichen, müssten die Schattenspender allerdings enorm groß sein. Diese auf der Erde zu produzieren und anschließend ins All zu transportieren, dürfte eher unrealistisch sein. Stattdessen müsste auf Verfahren gesetzt werden, bei denen die benötigten Konstruktionen im All hergestellt werden. Dies wiederum bringt einige technische Probleme mit sich. So müssten Verfahren des 3D-Drucks zum Einsatz kommen. Diese werden allerdings gerade erst auf der Erde erprobt. Ein groß angelegter Einsatz im All ist daher eher noch Zukunftsmusik. Gleichzeitig müssten die benötigten Rohstoffe entweder auf dem Mond oder auf Asteroiden abgebaut werden.

Die Stromversorgung per Solarstrom wurde bereits erfolgreich getestet

An solchen Verfahren arbeiten zwar bereits Raumfahrtagenturen in aller Welt – etwa um dauerhafte Kolonien im All zu errichten. In der Praxis wurden die Verfahren aber noch nicht getestet. Anders sieht dies bei der geplanten Stromversorgung aus. Diese könnte auf recht naheliegende Art und Weise erfolgen: Die Sonnensegel könnten mit Photovoltaikzellen bestückt werden. Die dahinter stehende Technik wurde von der japanischen Raumsonde Ikaros bereits im Jahr 2010 erfolgreich getestet. Alles in allem scheint aber klar zu sein: Bei den Sonnenschirmen im All handelt es sich um eher theoretische Gedankenspiele. Bis die entsprechenden technologischen Fähigkeiten tatsächlich zur Verfügung stehen, dürften die Schattenspender nicht mehr benötigt werden – oder der Kampf gegen den Klimawandel wurde bereits verloren. Dennoch ist das Forschungsprojekt nicht ganz ohne praktischen Nutzen. So hoffen die Initiatoren, dass im Zuge des Gedankenexperiments neue Ideen und Ansätze entstehen, die sich dann tatsächlich nutzen lassen.


Via: Der Standard

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