Wir leben in einer Zeit, in der vieles, was im Hausbau seit Jahrzehnten oder noch länger gang und gäbe war, umfassend verändert wurde. Kein Wunder also, dass davon auch das Heizen betroffen ist. Doch multiplizieren sich nicht nur die Wege, wie die Wärme erzeugt wird, sondern auch, wie sie sich im Raum verbreitet. Eine der faszinierendsten Lösungen dazu stammt aus Ungarn – und nutzt das, was in jedem Haus mittlerweile in großen Mengen vorhanden ist: Glas.


Die Notwendigkeit moderner Architektur

Kaum ein Architekt, kaum ein Katalog eines Hausanbieters und kaum ein Bauherrenwunsch, der nicht den folgenden Satz beinhaltet: Große, lichtdurchflutete Räume.


Das führte in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur dazu, dass sich innerhalb sehr vieler Häuser die Innenwandflächen massiv reduzierten. Es sorgte auch dafür, dass mittlerweile ein beträchtlich großer Teil der verbliebenen Außenwandfläche nicht mehr geschlossen ist, sondern von prominenten Fensterfronten eingenommen wird. Denn besser als durch die Sonne lässt sich der Wunsch nach besagter Lichtflut nicht erfüllen.

Allerdings führte das zu mehreren Herausforderungen:

  1. Selbst in den umfassend gedämmten heutigen Gebäuden und unter Einbeziehung der ambitionierten staatlichen Vorgaben sind Fenster nach wie vor das Element, das hinsichtlich der Wärmetransmission am schwierigsten zu beherrschen ist – hier lassen sich schlicht keine dicken Dämmpakete integrieren.
  2. Die Fenster gehen zunehmend bis zum Boden. Dadurch fehlen vor allem bei wasserbasierten Heizungen die Möglichkeiten, deren Wärme durch die Installation herkömmlicher Fensternischen-Radiatoren abzugeben. Zwar existieren längst sogenannte Plattenheizkörper, die wesentlich effizienter sind als klassische Radiatoren; jedoch fehlt es für diese häufig nicht nur an besagtem Platz, sie gelten vielen auch als optischer Störfaktor.
  3. Fußbodenheizungen sind zwar unsichtbar, haben aber in der klassisch-wasserführenden Weise eine Reihe von Nachteilen. Sie haben eine lange Vorlaufzeit, sind teuer in der Installation und bedingen eine Beschränkung auf bestimmte – „wärmetransparente“ Fußbodenmaterialien. Gleichsam erfordern sie selbst in Haushalten, in denen elektrisch geheizt wird, immer eine Abgabe an das Medium Wasser.

Anders ausgedrückt: Die Zeit war reif für eine Lösung, die den aktuellen architektonischen Gegebenheiten besser entspricht.

An diesem Punkt kommt das ungarische Unternehmen Rákosy Glass ins Spiel, das in Budapest residiert. Ein alteingesessener Glasverarbeitungsbetrieb in Familienbesitz.

Glas warm, Raum warm

Im Autobau ist es seit Jahrzehnten Usus, dass zumindest die Heckscheibe elektrisch beheizt wird. Allerdings scheiterte die Umsetzung dieses Grundgedankens in der Architektur immer an einem technischen Punkt – den Leiterbahnen, die notwendigerweise quer durchs Glas verlaufen mussten; kein optisches Highlight und auch nicht sonderlich effizient, weil die Wärme nach beiden Seiten des Glases ausstrahlt. Bei einem Haus würde das bedeuten, dass 50% der Wärmeenergie nach außen verschwendet würden.

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Das Rákosy-System geht deshalb einen anderen Weg. Auch hier kommt zwar Elektrik zum Einsatz, allerdings in einer wesentlich verfeinerten Weise. Diese Glasheizung basiert auf einem patentierten Sandwichsystem.

Jedes Fenster besteht aus mehreren Elementen.

  1. Außen befindet sich normales Glas.
  2. Als zweite Schicht kommt eine speziell bedampfte Scheibe zum Einsatz. Diese aufgedampfte Schicht sorgt dafür, dass Wärme nicht nach außen geleitet werden kann – es entsteht also keine Wärmebrücke.
  3. Weiter innen steckt das Herzstück des Systems: zwei gehärtete Glasschichten, zwischen denen eine transparente Leiterfläche basierend auf Nanotechnologie eingelassen wurde, sodass daraus eine Laminatschicht entsteht.
  4. Wird diese Leiterfläche mit elektrischem Strom beaufschlagt, entsteht durch ihren Widerstand Wärme. Diese wird in den Raum gestrahlt. Der Anteil, der in Richtung Fenster-Außenseite entweicht, wird durch die Bedampfung der zweiten Schicht wieder nach innen reflektiert. Insgesamt gelangen so höchstens zwei Prozent der erzeugten Wärme nach draußen; der Rest geht ins Haus.

Natürlich sind dies keine simplen Fensterkonstruktionen. Vor allem die Laminatschicht ist schwierig zu verarbeiten, dazu sind hochspezialisierte Schneidetische vonnöten, die die Ungarn aus Österreich von der LiSEC-Gruppe bezogen. Dafür aber überwindet dieses Glas das besagte Problem: Für das Auge lässt sich nicht erkennen, dass hier Leiterbahnen eingearbeitet sind. Das Heizfenster wirkt völlig wie sein normales Gegenstück.

Zudem arbeitet das System nach dem Prinzip der Strahlungswärme, wie es beispielsweise auch bei der Sonne zu beobachten ist. Im Gegensatz zur Konvektionsheizung wird dabei nicht die Luft erwärmt, sondern alle Gegenstände, die von der in den Raum ausgesendeten Strahlungswärme „getroffen“ werden – das ist nicht nur effizienter, sondern wird von den meisten Menschen auch als angenehmere Wärme empfunden, da Konvektion die Neigung hat, die Raumluft stark auszutrocknen.

Gesteuert wird dies übrigens auf variablem Weg. Hier haben Kunden die Möglichkeit, aus drei Varianten zu wählen:

  1. Eine einzelne Steuerung, die je ein Fenster reguliert.
  2. Eine zusammengefasste Kontrolleinheit – etwa im Zählerkasten – mit der sich bis zu 16 Elemente regulieren lassen.
  3. Eine Einbindung in ein bestehendes Smart-Home-System, durch die die Fenster dann per Handy und Co. reguliert werden können.

Heizen ohne Umwege

Je größer die Glasfläche, desto größer sind natürlich auch die Heizmöglichkeiten in einem Raum – das ist der offensichtlichste Vorteil dieses Systems unter Berücksichtigung heutiger architektonischer Geschmäcker. Allerdings ist er nur einer von vielen weiteren:

  1. Es sind keine zusätzlichen Maßnahmen erforderlich. Weder müssen Heizschlangen in den Boden gelegt werden, noch muss überhaupt eine andere Heizungsanlage vorhanden sein. Mit den Fenstern wird nicht nur die Heizungsanlage bezahlt, sondern auch eingebaut. Lediglich der Elektriker muss einige Leitungen mehr verlegen.
  2. Selbst wenn eine weitere Heizung gewünscht ist, kann diese wesentlich kleiner und somit kostengünstiger ausfallen; beide Systeme können sich dann je nach Bedarf ergänzen.
  3. Die Glasheizung reagiert, da kein Medium erwärmt werden muss, sondern durch elektrischen Widerstand bei Stromfluss sofort Wärme abgestrahlt wird, enorm schnell. Deshalb eignet sie sich auch für Räume, in denen temporär schnell mehr Wärme gewünscht ist – ganz klassisch das Badezimmer.
  4. Insbesondere bei Häusern, die sowieso großflächig mit Photovoltaik ausgestattet sind, kann das System als alleinige Heizung existieren. Das gilt doppelt, wenn sich im Gebäude beispielsweise noch eine Belüftung mit Wärmerückgewinnung befindet.

Das bedeutet: In weniger modernen bzw. nur den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprechenden Gebäuden eignet sich die Glasheizung als ideale Ergänzung, durch die die Haupt-Heizung kleiner und günstiger ausfallen kann. In hochmodernen (Passiv-)Häusern hingegen kann sie alleine stehen und so dafür sorgen, dass viele weitere Arbeitsschritte und Ausgaben unterbleiben können.

Hinzu kommt, dass die Fenster als Wärmebrücke ausfallen – ihr Innenteil ist in diesem Fall ja der wärmste Punkt des Raumes.

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