Der Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 schlug auch international hohe Wellen. Donald Trumps US-Regierung wandte sich entschieden gegen das Projekt und drohte allen beteiligten Firmen mit harschen Sanktionen. Auch der neu gewählte Präsident Joe Biden war kein Fan der Pipeline. Der Hintergrund: Die neue Verbindung durch die Ostsee ermöglicht es Russland Erdgas nach Europa zu exportieren, ohne die durch die Ukraine laufenden Leitungen zu nutzen. Die US-Regierung und einige europäische Staaten fürchten daher, dass sich die Machtverhältnisse in Osteuropa durch den Bau weiter in Richtung Moskau verschieben könnten. Denn die russische Regierung könnte das Erdgas zukünftig als politische Waffe nutzen, um die ukrainische Regierung unter Druck zu setzen. Dennoch ließ sich die Biden-Administration auf einen Kompromiss ein. Dieser sieht vor, dass die Pipeline fertig gebaut werden kann. Im Gegenzug will sich Deutschland dafür einsetzen, dass auch zukünftig Gas durch die Ukraine nach Europa fließt.


Bild: Vuo, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

Die Fertigstellung der Pipeline steht unmittelbar bevor

Außerdem will die Bundesregierung dabei helfen, die Ukraine zu einem Wasserstofflieferanten für Europa zu machen. Dies könnte zumindest teilweise helfen, den Wegfall der Transitgebühren in Höhe von rund zwei Milliarden Jahren Euro pro Jahr aufzufangen. Das Problem allerdings: Der Bau der Pipeline wurde unmittelbar wieder aufgenommen: Die Fertigstellung ist zwischen dem 30. August und dem 6. September vorgesehen. Die Zusagen in Richtung der Ukraine bleiben bisher hingegen vage und müssen zunächst noch in konkrete Schritte gegossen werden. Die ukrainische Regierung ist in diesem Punkt allerdings wenig optimistisch und befürchtet eine „Mogelpackung“. Denn um grünen Wasserstoff in der Ukraine produzieren zu können, sind zunächst einmal erhebliche Investitionen erforderlich. So steht zwar ausreichend Ökostrom zur Verfügung, weil sich viele Privathaushalte und Betriebe diesen nicht leisten können. Dafür könnte aber der Transport nach Europa zum Problem werden.

Der „grüne Milliardenfonds“ ist noch dürftig befüllt

So ist das Netz an Erdgas-Pipelines in die Jahre gekommen und kann aktuell nicht für den Transport des flüchtigen Wasserstoffs genutzt werden. Experten schätzen, dass mindestens 1,5 Milliarden Euro in die Hand genommen werden müssten, um zumindest eine rudimentäre Ertüchtigung zu gewährleisten. Die Kosten für Elektrolyseure und weitere benötigte Technik sind darin noch gar nicht enthalten. Theoretisch sieht der deutsch-amerikanische Kompromiss daher die Einrichtung eines grünen Milliardenfonds vor. Bisher enthält dieser aber gerade einmal 175 Millionen Dollar. Es ist unwahrscheinlich, dass bis zur Bundestagswahl im September noch viel hinzukommen wird. Experten befürchten allerdings schon jetzt, dass auch anschließend nicht mehr viel neues Geld eingezahlt wird. Als wahrscheinlicher gilt hingegen, dass Mittel die ohnehin für die Region eingeplant waren, nun einfach umgewidmet werden. Schon jetzt dürfte somit klar sein: Dass Erdgas aus der Nord-Stream-2-Pipeline wird deutlich früher in Deutschland eintreffen als der grüne Wasserstoff aus der Ukraine.


Via: Der Standard

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