Wer regelmäßig Twitter nutzt, der weiß, dass hasserfüllte und hetzende Inhalte ein dauerhaftes Problem sind, das nach der Übernahme des sozialen Dienstes durch den Milliardär Elon Musk nur noch weiter zugenommen hat. Mögliche Wechselwirkungen zwischen solchen Tweets und tatsächlichen Übergriffen auf betroffene Personen werden bereits länger untersucht. Eine neue Studie stellte nun einen Zusammenhang zwischen einem homophoben Signalwort auf Twitter und tatsächlichen Angriffen auf Menschen mit queerer Geschlechtsidentität fest.


Korrelation zwischen Schwulenfeindlichkeit auf Twitter und Übergriffen in der echten Welt

Festgestellt und untersucht wurde dieser Zusammenhang von den Unternehmen Network Contagion Research Institute (NCRI Inc.), das die Verbreitung von Falschinformationen im Web sowie deren Wechselwirkungen mit diversen Gesellschaftlichen Bereichen wie etwa Politik und Wirtschaft untersucht. In der Analyse stellte das Unternehmen eine statistische Korrelation zwischen der Häufung des englischen Begriffs „groomer“ in Tweets sowie schwulenfeindlichen Übergriffen. Mit diesem Begriff referenzieren vorwiegend schwulenfeindlich eingestellte Menschen das Vorurteil, dass homosexuelle Männer sich besonders häufig Kindern annähern, um diese sexuell zu missbrauchen. Der Begriff findet auch in der deutschen Sprache in Form des Anglizismus „Cyber-Grooming“ Anwendung. Das dahintersteckende Vorurteil hält sich bei einer Minderheit der Bevölkerung hartnäckig, obwohl es keinerlei Belege dafür gibt.


Bevor Elon Musk Twitter übernahm, wurde das Wort „groomer“ von den Inhaltsfiltern der Plattform erkannt und als Hassrede eingestuft. Bereits nach der Ankündigung Musks, den Dienst übernehmen zu wollen, stieg der Gebrauch des Begriffes deutlich an. Seit der Übernahme hat sich dieser Effekt verstärkt und tritt insbesondere nach queer-feindlichen Übergriffen wie etwa dem Amoklauf in einem vornehmlich von homosexuellen Männern besuchten Nachtclub in Colorado im November 2022.

Korrelation beweist keinen Kausalzusammenhang

Als Musk Ende Oktober 2022 Twitter übernahm, stellten die Analysten das zweithöchste tägliche Vorkommen von ‚groomer‘ auf Twitter fest. In den folgenden Monaten wurde eine Zunahme von Übergriffen gegen Menschen mit queerer Geschlechtsidentität in Kombination mit Spitzen bei der Verwendung des Begriffs beobachtet. Bislang am häufigsten verwendet wurtde das Wort an einem Tag, an dem ein Register mit politisch motivierten Gewalttaten mit 7 Ereignissen die größte Häufung schwulenfeindlicher Übergriffe vermerkt hat.

Selbstverständlich lassen sich von solchen Korrelationen kein kausaler Zusammenhang ableiten, allerdings lasse sich feststellen, dass Plattformen wie Twitter ein Betätigungsfeld für Menschen bereitstellen, die Vorurteile verbreiten und sich deren Richtigkeit in ihrer persönlichen Bubble von anderen Bestätigen lassen wollen. Auf Twitter finden sie vermeintliche Tatsachen, die ihre Einstellung bestätigen, können sich potentielle Opfer als Adressaten suchen und diese diffamieren. Das NCI beobachtete, dass die Wortwahl dabei durch wechselseitiges Aufstacheln immer gewalttätiger werden kann, was nach Annahme der Analysten die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass jemand sich entschließt, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Insbesondere diese Annahme lässt sich allerdings in der Praxis nur sehr schwer überprüfen.

Zusammenhänge treten gehäuft auf

Feststellen lasse sich außerdem, dass es auch etwa eine Verbindung zwischen der Zunahme der Verwendung antisemitischer Schimpfworte auf Twitter und der Kontroverse um den Rapper Ye (früher bekannt als Kanye West) gab. Ähnliche Zusammenhänge konnten auch bei Protesten und Aufständen beobachtet werden. So gehen vielen Unruhen etwa die gehäufte Verwendung von Begriffen wie „Apartheid“ und „Kolonialismus“ voraus. Und selbst kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Staaten werden auf Twitter mitunter nicht einfach kommentiert, sondern weiten sich zu regelrechten Wortgefechten aus.

via Washington Post

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